Full text: (Zweites und drittes Schuljahr) (Teil 1 für Kl. 8 u. 7)

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14S. Winterkleidung. 
Christian Brüning. 
Wenn der Sommer vergangen und der Herbst eingezogen ist mit 
seinem rauhen Wetter, dann werden die leichten Sommerkleider ab¬ 
gelegt, und die Mutter sucht warmes Unterzeug hervor, daß es die 
Kinder nicht friert. Sie tragen nun dickere Winterstoffe, und wenn 
ausgegangen werden soll, so holt die Mama aus dem Kleiderschränke 
noch den Wintermantel, die Pelzmütze und die wollenen Handschuhe. 
Jetzt kann es getrost auf die Eis- oder Schlittenbahn gehen, oder man 
kann am Abend in die hell erleuchteten Schaufenster gucken, wo all 
die schönen Sachen stehen, die der Weihnachtsmann bringt. Der Wind 
pfeift, und die weißen Flocken wirbeln. Der Frost malt Blumen an 
die Fensterscheiben, und der Schnee knirscht unter den Füßen. Es tut 
aber dem Kinde nichts, denn dieses ist wohlverwahrt vom Kopf bis 
zu den Füßen. Steht aber die liebe Sonne wieder höher am Himmel, 
schmücken sich Bäume und Sträucher mit frischem Grün, singen draußen 
der Starmatz, der Fink und die Lerche, dann wird es dem Kinde zu 
unbequem in der dicken Winterkleidung. Es läßt sie fort und macht 
sich leichter und freier, daß es mit springen und singen kann voll 
Frühlingslust. 
Draußen in den Anlagen, wo am Sonntag die Leute spazieren 
gehen, steht ein großer Baum. Seine Blätter sehen fast aus, wie die 
Finger an einer Hand, und sie sitzen so dicht an seinen Zweigen, daß 
man nicht durch seine Krone hindurchsehen kann. Darum steht auch 
unter ihm eine Bank, auf der die Großen und Kleinen sich ausruhen 
können im kühlen Schatten. Aber den prächtigsten Anblick bietet der 
Baum im Monat Mai. Dann sieht er aus wie ein riesiger Weihnachts¬ 
baum, denn seine mächtige Krone ist geschmückt mit Hunderten von 
aufrechtstehenden Blütensträußen, deren weiße, mit roten Flecken ge¬ 
zierte Blütenblätter sie wie Kerzen am Christbaum erscheinen lassen. 
Der Baum ist die Roßkastanie. — Wenn aber der Sommer zu Ende 
ist, die Früchte zur Erde fallen und der Herbstwind mit dem Laube 
sein Spiel treibt, dann hat Frau Kastanie in ihrem großen Hause 
viel tausend Kinder. Die nennen wir die Knospen. Was soll aus ihnen 
werden, wenn der harte Winter kommt mit Schneesturm und Frost? 
Nur unbesorgt! Die Kastanie ist eine sorgsame Mutter, die wohl weiß, 
was ihren Kindlein gut ist. Sie hat ihnen warmes Unterzeug gegeben
	        
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