Full text: [Teil 2 = 4. u. 5. Schulj] (Teil 2 = 4. u. 5. Schulj)

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trat, und inachte die Tür zu; er ist daher sorgfältig. Er gab ohne 
Besinnen seinen Stuhl jenem alten, lahmen Manne, was seine 
Herzensgute und Aufmerksamkeit zeigt. Er nahm seine Mütze 
ab, ehe er hereinkam, und antwortete auf meine Fragen schnell und 
sicher; er ist also höflich und hat gute Sitten. Er hob das Buch 
auf, das ich absichtlich auf den Boden gelegt hatte, während alle 
übrigen es zur Seite stießen oder darüber stolperten. Er wartete 
ruhig und drängte sich nicht heran — ein gutes Zeugnis für sein 
anständiges Benehmen. Ich bemerkte ferner, dasz fein Rock gut 
ausgebürstet und seine Hände und sein Gesicht rein waren. 
Nennst du dies alles keinen Empfehlungsbrief? — Ich gebe 
mehr darauf, was ich von einem Menschen weiß, nachdem ich ihn 
zehn Minuten lang gesehen habe, als auf das, was in schön klingenden 
Empfehlungsbriefen geschrieben steht." Magdeburgische Zeitung. 
23. Fürs Herzbluten. 
1. Ich saß in einem Eisenbahnwagen dritter Klasse. Ratteratt, ratte¬ 
ratt, ratteratt! Mir gegenüber saß ein stiller, oft traurig vor sich 
hinblickender Mann, innig an ihn geschmiegt ein etwa vier Jahre altes, 
liebliches Mägdlein mit großen, dunkeln Augen, aber blassem, schmerz¬ 
haftem Antlitz. Der Mann war, wie der Augenschein lehrte, des kranken 
Kindes Vater. Er hielt seinen rechten Arm um die Kleine geschlungen 
und drückte das von braunem Haar umflossene Köpfchen von Zeit zu 
Zeit fest an sich, und wenn er ihr etwas sagte, so nannte er sie Marie. 
In Northeim wurde unsre stille Gesellschaft noch durch drei Personen 
vermehrt, zwei junge Wildlinge und deren Vater. 
Frisch und fröhlich sprang der blondhaarige Knabe mit seinem 
Schwesterchen herein, und ebenso munter kam der Vater ihnen nach. Das 
war ein Lachen, Fragen und Schwatzen ohne Anfang und ohne Ende. 
Doch vergaßen sie nicht, uns freundlich zu grüßen. 
Wie aus dem Geplauder unsrer neuen Reisegenossen hervorging, 
fuhren sie zum fernen Mütterchen zurück, das mit großer Sehnsucht 
ihrer harrte. Die beiden Kinder freuten sich so sehr auf das bevorstehende 
Wiedersehen, daß sie fast aus dem Häuschen gerieten. Wohl zwanzigmal 
fragten sie wie aus einem Munde: ,,Vater, wieviel Stationen sind s noch 
bis zum Mütterchen?“ Und der Vater wurde nicht müde, die Fragen 
seiner Lieblinge immer wieder und wieder zu beantworten.
	        
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