Full text: [Teil 1 = 2. u. 3. Schulj] (Teil 1 = 2. u. 3. Schulj)

229 
gefertigt sein muß. Die drei Mönche sind darauf in einer liegenden 
Stellung abgebildet, gleichsam um anzuzeigen, daß sie ausruhen von 
ihrer weiten und beschwerlichen Reise. 
I. D. H. Temme. (Volkssagen von Pommern und Rügen.) 
242. Die Räuber im Gollen. 
1. In den dunkeln Waldklüften des Gollen soll sich in alter Zeit 
eine Räuberbande aufgehalten haben. In einer Vertiefung, mitten 
im Berge, die Mordkuhle genannt wird, soll das Gesindel sein Haupt¬ 
lager gehabt haben. Die Bande hatte sich so furchtbar gemacht, daß 
niemand wagte, sie anzugreifen, und daß sie deshalb rurgescheut 
plündern urrd morden durfte, was ihr unter die Hände kanr. Da 
wurde sie endlich auf folgende wunderbare Weise gefangen: 
2. In der Herberge zu Köslin langte eines Abends bei großem 
Unwetter ein fremder Reisender an, der am Gollen hatte vorüber 
müssen und dabei gar unheimliches Getümmel oben auf dein Berge 
vernommen hatte. Es war ihm deshalb eilig gewesen, die Stadt 
zu erreichen, und er zitterte noch und war bleich vor Schrecken, als 
er in das Gastzimmer eintrat. Darüber neckten ihn einige anwesende 
Gesellen, die sich hinter dem warmen Ofen und dem Glase Wein 
wunder wie tapfer und mutig dünkten. 
3. Der Reisende, den das verdroß, bot ihnen eine große Summe 
Geldes an, wenn einer von ihnen oder auch sie alle es wagten, jetzt 
gleich auf den Gollen zu gehen. Zum Zeichen, daß sie dagewesen, 
sollten sie sein Tuch, das er ihnen hinlegte, um die eiserne Fahne 
binden, die zum Merkzeichen für die Schiffer auf der Spitze des Berges 
errichtet war. Da entfiel aber den Prahlern das Herz, und es hatte 
keiner den Mut, das Abenteuer zu bestehen. 
4. Das hörte die Magd des Wirtshauses mit an; sie war eine 
muntere, beherzte Dirne, und es kam ihr die Luft an, daß sie das Geld 
verdienen möchte. Sie sagte das dem Fremden; der hatte nichts 
dagegen. Und obgleich alle andern ihr abredeten und ihr vorstellten, 
wie sie in die Hände der Räuber fallen und dann nienrals wieder¬ 
kehren werde, so blieb sie doch fest bei ihrem Vorsatze. Sie nahm das 
Tuch des Reisenden und ging nun getrost ganz allein in dunkler Nacht 
und bei schrecklichem Unwetter aus der Stadt hinaus, dem Berge zu. 
6. Anfangs ging alles gut. Sie kümmerte sich nicht um das 
Heulen des Sturmes, der durch die Eichen fuhr, und nicht um das 
krächzen der Raben und Eulen, die überall um sie herflogen. Als sie 
aber die Spitze des Berges erreicht hatte und so ganz allein dastand in 
dein furchtbaren Sturmwinde in der Nähe der blutigen Räuberbande
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.