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3. Auf einmal sieht man eine Störchin von der Wiese herüber¬
fliegen. Es ist die Mutter der Kleinen, die auch schon in ihrem
Neste von Feuersglut und Rauchwolken umgeben sind. Mehrere
Male kreist sie ängstlich um die Qualm- und Glutmassen. Endlich
durchdringt sie diese, und bald darauf erscheint sie, ein Junges im
Schnabel, und legt es am Fuße eines Baumes nahe bei den rettenden
Landleuten nieder.
Dann erhebt sie sich wieder, dringt von neuem in die Glut
und kommt abermals, ihr zweites Kindlein im Schnabel, mit
versengtem Gefieder zurück. Rasch legt sie es zu dem zuerst
geretteten, und kehrt zum dritten Male zum Neste zurück, um
auch die übrige Brut zu retten. — Vergebens erwartet man sie
zurück. Sie hatte neben den beiden letzten ihrer Jungen den Tod
gefunden.
4. Ein mitleidiger Bauer nahm sich der beiden geretteten
Störchlein* an und fütterte sie auf. Noch lange nachher sah man
die beiden gezähmten Sumpfvögel auf dem Hofe des Landmannes
zwischen dem Federvieh klappernd einherschreiten.
Wiener Lesebuch.
B. Im Sommer.
155. Sommerliedchen.
Sommer, o Sommer, du fröhliche Zeit,
alles ist wieder mit Blumen bestreut,
hüpfende Schäfchen, sie spielen im Feld,
freuen sich alle der herrlichen Welt.
Falter und Lerchen durchfliegen den Raum,
Vögelein singen und springen im Baum.
Glanzende Mücken, sie tanzen so fein,
tanzen im goldigen, sonnigen Schein.
Danket, o Rinder, o danket dem Herrn!
Danket ihm freudig, o danket ihm gern! Volkslied.
156. Sonnenschein.
1. Sonnenschein
klar und rein,
leuchtest in die Welt hinein,
machst's so hell, so warm und schön
in den Tälern, auf den Höhn,
die du alle überstrahlst
und so hold und lieblich malst.