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Kleine freudestrahlend, „aber weißt du, König Wilhelm, einer von
denen mit den roten Aufschlägen und den weißen Federbüschen,
damit ich auch meine Uniform brauchen kann.“ „Gott segne dich,
mein Junge,“ erwiderte der König, „und wenn du einmal groß
wirst, so sag meinem Sohne Fritz, du wolltest unter die Soldaten
mit den roten Aufschlägen und weißen Federbüschen, der alte König
Wilhelm habe dir’s erlaubt.“ Und glücklich sprang der Bursch
davon, um der Mutter ganz brühwarm die Begegnung zu berichten.
3. Die kleinen Mädchen von Ems hatten natürlich nicht solche
kriegerischen Wünsche und begegneten in ihrer Schüchternheit ihm
weniger keck. Indessen kam es doch auch vor, daß eins oder das
andre sich ganz in die Nähe hinwagte, namentlich wenn er auf einer
Bank der Anlagen saß, wo er nicht so groß aussah. Ja, zuweilen
rollte selbst ein Spielball ganz dicht an seine Füße. Die Angehörigen
des Kindes und andre Kurgäste schauten etwas verlegen drein.
Der König aber winkte dem zaghaften Kinde, seinen Ball sich zurück¬
zuholen, oder warf ihm denselben freundlich selbst hin. Daheim.
80. König Wilhelm gibt einem Soldaten Urlaub.
Während der Belagerung von Paris ritt der König eines Tages
hinaus zu den Vorposten. Bald gewahrte er einen Füsilier, der
das Gewehr bei Fuß genommen hatte und ganz vertieft war in
einen Brief. Als der Pflichtvergessene die Tritte des Rosses hörte
und seinen Oberfeldherrn erkannte, ließ er vor Schrecken den Brief
fallen, nahm das Gewehr auf und präsentierte. Der König ritt an
den Posten heran und fragte lächelnd: „Nun, mein Sohn, der Brief
dort ist gewiß von der Liebsten in der Heimat!“ — „Nein,“ ant¬
wortete der erschrockne Soldat, „er ist von meiner Mutter.“ König
Wilhelm mochte an der Wahrheit dieser Worte zweifeln; denn for¬
schend sah er dem Soldaten in die Augen und fragte: „Darf ich ihn
lesen?“ „Gewiß!“ erwiderte der Soldat, hob schnell den Brief auf
und reichte ihn seinem Kriegsherrn. Der König las den Brief,
betrachtete mit Wohlgefallen den Füsilier und sagte zu seinem
Adjutanten, er solle den Namen des Soldaten aufschreiben. Dann
ritt er weiter. Der Brief war wirklich von der Mutter des Füsi¬
liers gewesen. Diese hatte ihrem Sohne geschrieben, daß seine
Schwester bald Hochzeit mache, und alle bedauerten, daß er
nicht anwesend sein könne, und doch hätten sie große Sehnsucht
nach ihm.
Am andern Tage erhielt der Füsilier Befehl, zum Hauptmann
zu kommen. Es wurde ihm bange ums Herz; denn er dachte: Nur