Full text: [Teil 2 = 4., 5. u. 6. Schulj] (Teil 2 = 4., 5. u. 6. Schulj)

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gebräunten Jungen anzutreffen, der ihn keck und entschlossen, mit dreistem 
Gesicht und ungezwungener Haltung anschaut, als wollte er sagen: „Was 
willst du hier? Hier bin ich Herr!" Von Zeit zu Zeit, gewöhnlich alle 
vierzehn Tage, oft auch nur alle Monate, bringt ihm ein andrer Anätze 
aus dem Tale Brot und Käse. So geht's vom Frühling an den ganzen 
Sommer hindurch. Kommt der Spätherbst, so nimmt unser Geißbub den 
langen Alpenstock, schmückt seinen Filzhut mit schönen Alpenblumen und 
zieht mit seiner Herde zu Tal. Dort wartet er mit Sehnsucht auf den zurück¬ 
kehrenden Frühling, der ihn aus der Stubenluft wieder in den reinen Äther 
der Bergeshöhen führt, von denen er trotz aller Entbehrungen und Beschwer¬ 
den nicht lassen kann. Karl Gude, 
211. Der Limplon-Tunnel. 
1. Ihr wißt: große Hochgebirge sind oft Ländergrenzen und ins¬ 
besondre Hindernisse für den Verkehr der Völker. Früher konnte man 
sie nur überwinden, indem man an den niedrigsten und bequemsten Stellen, 
Einsenkungen, sogenannten Pässen, hinüberstieg, zu Fuß, zu Pferd, zu 
Wagen. Solch ein Paß ist der Simplon in der Schweiz, ungefähr auf 
der Linie zwischen Bern (Schweiz) und Mailand (Italien) gelegen. Eine 
große Kunststraße führt da hinüber, von Napoleon dem Ersten in den 
Jahren 1800 bis 1806 erbaut, 104 km lang, mit über 600 Brücken. 
Auch Eisenbahnen'hat man über die Pässe geführt. Kann man aber 
aus verschiednen Gründen nicht gut hinüber, dann sagt man einfach: 
drunter durch. Man bohrt ein Loch durch den Bergriesen, und ein solches 
gewaltiges Werk ist der Simplon-Tunnel. Der Durchstich erfolgte am 
24. Februar 1905, und nun saust man in 20 bis 25 Minuten von Brig, 
so heißt der Schweizer Ort an der Rhone, bis Jselle (Italien), während 
man sonst in Brig ganz in der Frühe wegfahren mußte, um spät abends 
in Jselle sein Abendbrot zu erhalten. Somit ist Genf, der Hauptpunkt 
der Westschweiz, und dadurch auch Frankreich mit Turin, Genua, Mailand 
durch direkten Schienenstrang verbunden. Und das besagt viel für den 
Verkehr dieser Länder. 
2. Wie entsteht nun solch Tunnel? 
Erinnert euch der eignen Versuche im Sandhaufen. Der Tunnel ge¬ 
lang euch selbstverständlich,- aber Schwierigkeiten gab's auch dort zu über¬ 
winden. Nicht immer trafen sich die Hände, die von beiden Seiten wühlten, 
gradlinig unter der Mitte des Berges. Und dann passierte wohl auch 
mal ein Einsturz, weil der Sand zu schwer oder nicht sorgsam gewölbt 
oder nicht mit Holzständern unterstützt war. Nun denkt euch aber mal 
folgendes: Ihr kriegt es nicht mit Sand, sondern mit Felsgestein zu tun, 
dessen Beschaffenheit im Innern der Berges man noch nicht einmal kennt.
	        
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