Full text: [Teil 1 = 2. u. 3. Schulj] (Teil 1 = 2. u. 3. Schulj)

— 203 — 
schien, sprach der Hauptmann: „Wir hätten uns doch nicht sollen ins 
Bockshorn jagen lassen!" und hieß einen hingehen und das Haus unter¬ 
suchen. Der Abgeschickte fand alles still, ging in die Küche, wollte ein 
Licht anzünden, und weil er die glühenden, feurigen Augen der Katze 
für glimmende Kohlen ansah, hielt er ein Schwefelhölzchen daran, 
daß es Feuer fangen sollte. Aber die Katze verstand keinen Spaß, 
sprang ihm ins Gesicht, spie und kratzte. Da erschrak er gewaltig, lief 
und wollte zur Hintertür hinaus; aber der Hund, der da lag, sprang 
auf und biß ihn ins Bein, und als er über den Hof an dem Miste vor¬ 
beirannte, gab ihm der Esel noch einen tüchtigen Schlag mit dem Hinter¬ 
füße; der Hahn aber, der von dem Lärm aus dem Schlafe geweckt und 
munter geworden war, rief vom Balken herab: „Kikeriki!" Da lief 
der Räuber, was er konnte, zu seinem Hauptmann zurück und sprach: 
„Ach, in dem Hause sitzt eine greuliche Hexe, die hat mich angehaucht 
und mit ihren langen Fingern mir das Gesicht zerkratzt; und vor der 
Tür steht ein Mann mit einem Messer, der hat mich ins Bein gestochen, 
und auf dem Hofe liegt ein schwarzes Ungetüm, das hat mit einer Holz¬ 
keule auf mich losgeschlagen, und oben auf dem Dache, da sitzt der Richter, 
der rief: ,Bringt mir den Schelm herb Da machte ich, daß ich fortkam." 
Von nun an getrauten sich die Räuber nicht weiter in das Haus; den 
vier Bremer Musikanten gefiel's aber so wohl darin, daß sie nicht 
wieder heraus wollten. Und der das zuletzt erzählt hat, dem ist der Mund 
noch warm. 
Gebrüder Wrimm. 
225. Die Wichtelmänner. 
1. Es war ein Schuster ohne feine Schuld so arm geworden, daß 
ihm endlich nichts mehr übrigblieb als Leder zu einem einzigen Paar 
Schuhe. Nun schnitt er am Abend die Schuhe zu; die wollte er den 
nächsten Morgen in Arbeit nehmen, und weil er ein gutes Gewissen hatte, 
so legte er sich ruhig zu Bett, befahl sich dem lieben Gott und schlief ein. 
Morgens, als er sein Gebet verrichtet hatte und sich zur Arbeit 
niedersetzen wollte, standen die beiden Schuhe ganz fertig auf seinem 
Tische. Er verwunderte sich und wußte nicht, was er dazu sagen sollte. 
Er nahm die Schuhe in die Hand, um sie näher zu betrachten; sie waren 
so sauber gearbeitet, daß kein Stich daran falsch war, gerade als wenn 
es ein Meisterstück sein sollte. Bald darauf trat auch schon ein Käufer 
ein, und weil ihm die Schuhe so gut gefielen, so bezahlte er mehr als 
gewöhnlich dafür, und der Schuster konnte von dem Gelde Leder zu zwei
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.