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zuerst wieder schütteln wollt, wie ihr es immer macht, du und deine
Genossen?"
Das konnte aber das Trini nicht auf sich sitzen lassen; so etwas
hatte es nie getan.
„Ich habe nie, gar nie die Bäume geschüttelt und nicht einen
Apfel
„Du wirst nicht besser sein als alle andern!" unterbrach die Bäuerin.
„Ich will kein Wort mehr hören, dort geht's hinaus!"
Damit hob die Frau so rasch und drohend ihren Arm, daß es dem
Trini nicht mehr sicher zumute war. Es rannte aus dem Garten und
um die Hecke herum. Aber hier konnte es nicht mehr weiter. Auch
sein Blut hatte zu kochen begonnen bei der ungerechten Anschuldigung;
nun es so, ohne nur gehört zu werden, davonmußte, wollte alles in
ihm überkochen. Es setzte sich auf den Boden hin, es mußte sich Luft
machen.
„Nein, das habe ich nicht getan," kam vor Aufregung ganz laut
heraus. „Ich habe nie die Apfelbäume geschüttelt, gar nie! Ich habe
gar nichts gemacht, ich habe nichts Böses getan." Hier hielt das Trini
auf einmal inne und wurde ganz still und nachdenttich. Nach einer
Weile stand es langsam auf; es sah gar nicht mehr aufgebracht aus
und sagte halblaut: „Was die Bäuerin meint, habe ich freilich nicht
getan, aber unrecht tat ich doch." Beim Nachdenken war ihm auf einmal
vor die Augen gekommen, wie es heute wieder mehrmals das arme und
dazu kränkliche Maneli auf die Seite gestoßen und sich schnell über die
Beeren hergemacht hatte, die das Maneli auch gern eingesammelt hätte.
Es war aber immer sttll auf die Seite gewichen, das Trini war ja
viel stärker und flinker. So leistete ihm das Maneli niemals Wider¬
stand. Nun wollte das Trini sein Unrecht gut zu machen suchen und
dem Maneli schnell noch ein wenig von seinen Beeren abtreten. Es
lief immer eiliger, aber nicht bergan, der Wohnung der Großmutter
zu, sondern querfeldein, eine ganze Strecke weit. Bei einem elenden,
kleinen Häuschen, an dem die alten Fensterscheiben halb oder ganz
zerbrochen und mit Papier verklebt waren, stand es still und holte ein
wenig Atem. Es war jetzt dunkel geworden. Durch die halben Scheiben
schimmerte ein dünnes Lichtlein. Auf einmal hörte das Trini ein
leises Schluchzen ganz in seiner Nähe. Es schaute sich um. Auf einem
Holzblocke vor dem Häuschen saß ganz unbeweglich eine kleine Gestalt,
den Kopf auf die Arme gelegt. Trini trat hinzu.
„Was hast du, Maneli?" fragte es erstaunt, als es die kleine
Gestalt erkannt hatte, „warum weinst du so?"
Das Maneli hob den Kopf auf uud sah so traurig aus, wie Trini
es noch gar nie gesehen hatte.