Full text: (Viertes und fünftes Schuljahr) (Teil 2 für Kl. 6 u. 5)

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Der aber die Maiglöckchen gekauft hatte, war Prinz Wilhelm, 
welcher damals in Kassel auf der Schule war. Er trat nun auch 
herzu und ließ sich von der armen Frau erzählen, wo sie wohne 
und wie es ihr gehe. Und als er nun erfuhr, daß sich ihr Mann 
im Kampfe für das Vaterland ein unheilbares Siechtum zugezogen, 
das ihn früh dahingerafft hatte, da beschloß er, sich des armen 
Weibes und ihrer Kinder anzunehmen. Tags darauf erkundigte er 
sich bei dem Vorsteher des Ortes nach den Verhältnissen der Frau 
und fand alles bestätigt. Und was Prinz Wilhelm nun weiter tat, 
das braucht nicht erst erzählt zu werden. In das Hüttlein des Weibes 
aber zog von der Stunde an Freude und Glück ein. Ihre Kinder 
sind alle wohl versorgt. An der Wand aber in dem schmucken 
Stüblein hängt ein Bild in einfachem Rahmen. Wir wissen wohl, 
wen es darstellt. Und wenn die Zeit der Maiblumen kommt, da 
wird es mit duftigem Kranze geschmückt. So dankt das schlichte 
Weib ihrem Helfer und Retter. 
196. Aus dem Leben der deutschen Kaiserin. 
A. Ernst. 
Es war im Jahre 1888. Weihnachten, das Fest der Wonne und 
des Kinderjubels, war wieder gekommen. Überall, in Hütten und 
Palästen, glänzte der Weihnachtsbaum und verkündigte mit seinen strah¬ 
lenden Kerzen die alte Botschaft: ,,Freuet euch, denn euch ist heute der 
Heiland geboren!" 
Auch in dem Elisabeth-Kinderhospital in Berlin war der Weih¬ 
nachtsbaum eingekehrt. In dem großen Saals der Anstalt waren lange 
Tische aufgestellt, auf denen mehrere Weihnachtsbäume brannten. In 
langen Reihen waren die Geschenke für die armen kranken Kinder auf¬ 
gebaut. Diejenigen Kinder, die schon in der Genesung waren, standen 
oder saßen um den gedeckten Tisch herum, die andern lagen in ihren 
Betten. Die sonst so bleichen Wangen der Kleinen waren vor Freude 
gerötet, die Augen strahlten fast noch Heller als die Weihnachtskerzen, 
vergessen waren Krankheit und Schmerzen. Als die feierlichen Klänge 
des Weihnachtsliedes „Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich" verrauscht 
waren, durften die glückseligen Kinder ihre Geschenke in Empfang 
nehmen. 
Breidenstein, Mittelschullesebuch II. 
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