Full text: (Viertes und fünftes Schuljahr) (Teil 2 für Kl. 6 u. 5)

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Auf diesem kommen und gehen die Wagenzüge gefüllt oder entleert, 
je nach der Richtung, die sie nehmen. Hier auf diesem Wege begegnet 
uns auch eine der charakteristischen Erscheinungen der Zechen, — 
das Bergwerkspferd, das zeitlebens nicht mehr an das Tageslicht 
kommt. 
Die Wanderung im Seitenstollen bringt uns bald an Eingänge 
zu schräg aufsteigenden Gängen, den Überhauen, die der Lage der 
einzelnen Kohlenflöze nachgehen und eine Sohle mit der nächst 
höheren in Verbindung setzen. Bei der muldenförmigen Lagerung 
der Steinkohle, das heißt bei der geneigten Lagerung ihrer einzelnen 
Flöze, ist es selbstverständlich, daß die in der wagerechten Richtung 
auf den einzelnen Sohlen ausgehenden Stollen stets eine größere 
oder geringere Anzahl von Kohlenflözen durchbrechen müssen; aber 
es ist ebenso einleuchtend, daß die eigentlichen Arbeitsstätten in 
der schrägen Bahn der letzteren aufsteigen. Mühsam sind wir in 
dem steilgeneigten Überhaue aufwärtsgeklommen. Wir erreichen 
einen der seitlichen Eingänge zu einer Arbeitsstätte, die sich zwischen 
dem „Hangenden" und „Liegenden" über einen ziemlichen Raum 
ausbreitet. Auf dem feuchten, schwarzen und steinigen Boden klettern 
wir in gebückter Stellung weiter. Jetzt hocken wir neben den 
Arbeitern; es sind ihrer vier. Mit der Picke werden die Kohlen 
herausgehackt, die je nach den Umständen ein Sprengschuß schon 
gelockert hatte. Wir sitzen nun mitten in einem Flöze von l1^ Metern 
Mächtigkeit; der Boden, auf dem wir ausruhen, bildet das sogenannte 
„Liegende", das heißt die unter der Kohlenschicht lagernden Kohlen¬ 
schiefermassen, die Decke besteht aus gleichem Gestein und bildet 
das sogenannte „Hangende". 
In gebückter Stellung hacken und klopfen die beiden älteren 
Bergleute, die Hauer, während zwei jüngere, die Schlepper, die 
losgelösten Steinkohlen fortschaffen und auf Karren zur Strecke be¬ 
fördern. Wir schauen ihnen lange zu, während uns ob des 
ungewohnten Gehens in gebückter Stellung der Schweiß aus allen 
Poren bricht, und ein Gefühl der Beklemmung beherrscht uns, hervor¬ 
gerufen durch die bedeutende Wärme bis zu 22 und mehr Grad 
Celsius. Wer nie in solchen Lagen Kohlenbergleute bei der Arbeit 
sah, begreift nicht ihre Mühen und Beschwerden; aber wer ihre 
Tätigkeit in der Tiefe der Erde verfolgte, wird jenen Männern seine 
Achtung nicht versagen, die unter so viel Mühe und Gefahr den
	        
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