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Auf diesem kommen und gehen die Wagenzüge gefüllt oder entleert,
je nach der Richtung, die sie nehmen. Hier auf diesem Wege begegnet
uns auch eine der charakteristischen Erscheinungen der Zechen, —
das Bergwerkspferd, das zeitlebens nicht mehr an das Tageslicht
kommt.
Die Wanderung im Seitenstollen bringt uns bald an Eingänge
zu schräg aufsteigenden Gängen, den Überhauen, die der Lage der
einzelnen Kohlenflöze nachgehen und eine Sohle mit der nächst
höheren in Verbindung setzen. Bei der muldenförmigen Lagerung
der Steinkohle, das heißt bei der geneigten Lagerung ihrer einzelnen
Flöze, ist es selbstverständlich, daß die in der wagerechten Richtung
auf den einzelnen Sohlen ausgehenden Stollen stets eine größere
oder geringere Anzahl von Kohlenflözen durchbrechen müssen; aber
es ist ebenso einleuchtend, daß die eigentlichen Arbeitsstätten in
der schrägen Bahn der letzteren aufsteigen. Mühsam sind wir in
dem steilgeneigten Überhaue aufwärtsgeklommen. Wir erreichen
einen der seitlichen Eingänge zu einer Arbeitsstätte, die sich zwischen
dem „Hangenden" und „Liegenden" über einen ziemlichen Raum
ausbreitet. Auf dem feuchten, schwarzen und steinigen Boden klettern
wir in gebückter Stellung weiter. Jetzt hocken wir neben den
Arbeitern; es sind ihrer vier. Mit der Picke werden die Kohlen
herausgehackt, die je nach den Umständen ein Sprengschuß schon
gelockert hatte. Wir sitzen nun mitten in einem Flöze von l1^ Metern
Mächtigkeit; der Boden, auf dem wir ausruhen, bildet das sogenannte
„Liegende", das heißt die unter der Kohlenschicht lagernden Kohlen¬
schiefermassen, die Decke besteht aus gleichem Gestein und bildet
das sogenannte „Hangende".
In gebückter Stellung hacken und klopfen die beiden älteren
Bergleute, die Hauer, während zwei jüngere, die Schlepper, die
losgelösten Steinkohlen fortschaffen und auf Karren zur Strecke be¬
fördern. Wir schauen ihnen lange zu, während uns ob des
ungewohnten Gehens in gebückter Stellung der Schweiß aus allen
Poren bricht, und ein Gefühl der Beklemmung beherrscht uns, hervor¬
gerufen durch die bedeutende Wärme bis zu 22 und mehr Grad
Celsius. Wer nie in solchen Lagen Kohlenbergleute bei der Arbeit
sah, begreift nicht ihre Mühen und Beschwerden; aber wer ihre
Tätigkeit in der Tiefe der Erde verfolgte, wird jenen Männern seine
Achtung nicht versagen, die unter so viel Mühe und Gefahr den