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Jerusalem. Samaría. §. 27.
lena erbaute Marienkirche mit der Kapelle und Grotte der Geburt Jesu
Christi. Sowohl die Räume der Kirche als die der tiefer liegenden
„Grotte der Nativität" sind unter die drei christlichen Confessionen der
Armenier, der Römisch-Katholischen und der schismatischen Griechen ver¬
theilt, die aber in ihrer gegenseitigen Eifersucht das Ganze in Verfall
gerathen lassen. 3. Jerusalem (17,000 E., darunter über 7000 Juden,
6000 Mohamedaner einschließlich der Garnison, beinahe 4000 Christen,
meist griechische). Was von der isolirteu und dennoch bedeutungsvollen
Weltstellung Palästinas im Allgemeinen gesagt worden ist (S. 91),
gilt von Jerusalem insbesondere. Trotz seiner von der Natur wenig
bevorzugten Lage auf hohem Felsboden, ohne Fluß und ohne fruchtbare
Umgebung, abgesondert von der übrigen Welt (im O. durch die Wüste
vom tobten Meere, im N. und Westen durch beschwerliche Felsenpfade
von Syrien und dem Mittelmeere, im S. durch Einöden und Sand¬
flächen von Aegypten), hat es eine historische Bedeutung erlangt, wie
keine andere Hauptstadt.
Jerusalem, auf einer (über 2000' hohen) Plateaufläche, und zwar auf
der von zwei im S. der Stadt sich vereinigenden Bächen (Kidrvn im O. und
Gihon im W.) gebildeten Halbinsel, verdankt der tiefen und steilen Einsenkung
dieser Thäler (Thal Josaphat und Thal Hinnom) ihre von drei Seiten (W.,
S., O.) gesicherte Lage und ist daher nur von der flacher» Nvrdseite bequem
anzugreifen, hier aber durch eine colossale Mauer geschützt. Diese von Natur
festungsartige Lage veranlaßte schon die Jebusiter und später David, sie zu ihrer
Hauptstadt zu wählen, wie sie denn auch der Grund war, daß den oft wieder¬
holten Zerstörungen jedesmal eine Herstellung über den Trümmern der alten
Stadt folgte. Nur auf der Nordseite war eine Erweiterung möglich, und hier
finden sich auch die beiden spätern Stadttheile (Akra und Bezetha), während die
beiden ältesten die südliche Hälfte einnehmen, der auf dem Hügel Zion den
S.-W. und der Tempelberg Moria den S.-O. Die Stadt wird jetzt unter¬
schieden in die Quartiere der Mvslemen (das größte von allen), der Christen
(von sehr verschiedenen Secteu), der Armenier, der Juden, der Afrikaner (das
kleinste). Der Mittelpunkt des christlichen Lebens in Jerusalem ist der nord¬
westliche Stadttheil, wo die Kirche des heiligen Grabes den Gegenstand
der Verehrung von Christen aller Völker und Confessionen bildet. L>ie enthält
sowohl den Ort der Kreuzigung des Herrn (in einer Art Chor) als das heilige
Grab (in dem deßhalb ausnahmsweise gegen W. gerichteten Hauptchor). Auch
hier haben sich verschiedene christliche Confessionen in die Räume der Kirche und
der Nebengebäude getheilt, der Chor und die Schädelstätte gehören den Griechen. —
Im Osten von Jerusalem, jenseits des vom Bache Kidron durchströmten Thales
Josaphat, erhebt sich der von N. nach S. lang ausgedehnte Oelberg (2550',
also nur 200' höher als Zion) mit drei plateauartigen Kuppen; aus der Mittlern
steht die Himmelfahrtskapelle (wiewohl das N. T. nicht den Oelberg, sondern
Bethanien als Ort der Himmelfahrt des Herrn nennt), am Fuße befindet sich
das Grab der heiligen Jungfrau und der Garten von Gethsemane, wo Judas
den Heiland verrieth.
b>. In Sani aria, der Mittlern Landschaft, hat sich das alte
Sichem, welches schon von den Erzvätern bewohnt wurde, unter dem
Namen Nablus (— Neapolis) als eine mittlere Stadt (8000 E.)
und als Vermittlerin eines nicht unbedeutenden Handels zwischen Da-
mascus und den Seestädten am Mittelmeere erhalten.