Full text: [Teil 3 = 4. Schulj] (Teil 3 = 4. Schulj)

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Hier gleich der nächste Acker ist ja voll von grünem Gras — wir 
kennen dieses Gras wohl; es wird sehr lang und gelb, und zwischen 
seinen Halmen wachsen im Sommer die Kornblumen so blau und der 
klatschrote Mohn. Wenn nur erst alle Äcker so schön grün aussähen! 
Aber gleich daneben ein Streifen schmutziger Erde mit dicken Lehm¬ 
stücken und weißen Schneeflocken. Zwischen beiden Äckern ein langer, 
schmaler Weg; man müßte schon einen Fuß vor den andern setzen, 
wenn man ihn gehen wollte. Hier, wo er anfangt, ein Stein, ein vier¬ 
eckiger, oben rund geklopfter Stein; das ist ein Grenzstein. Diesen 
Stein darf niemand ausziehen und mitnehmen oder wegwerfen und 
anderswo wieder eingraben. Der muß genau an dieser Stelle stehen 
bleiben. Wozu braucht man ihn nur? Sieh, da ist schon wieder einer! 
2. Aber was ist das? Das sind große, schwarze Vögel, — Raben 
sind es. Was haben die da nur? Still, daß wir sie nicht aufscheuchen! 
Wir wollen leise und ganz langsam näher herangehen. 0, sie beißen 
sich. Wie der eine, der auf dem Grenzstein sitzt, wütend ist! Er 
sperrt den Schnabel auf und macht sich dick am Halse und schlägt 
mit den Flügeln und mag doch nicht dicht herankommen. Der eine 
hat da was gefunden; er steht mit beiden. Füßen darauf, als wenn er 
es nicht hergeben will und — ha, nun springt der dritte in die Luft, 
als ob er sich von oben auf seinen Kopf setzen wollte, die Beine und 
Krallen ganz krumm und die Federn so kraus, als ob sie halb aus¬ 
gerissen wären. Ja, wart nur, nun mußt du dem Schreihals schon 
was abgeben, sonst hackt er mit seinem Schnabel auf deinen Kopf, 
daß er auseinander berstet. Man kann ordentlich seine dünne, schwarze 
Zunge in seinem Schnabel sehen. Nun haben sie sich gepackt! Nun 
balgen sie sich auf der Erde wie zwei Straßenjungen, daß man nur 
noch einen schwarzen Klumpen sieht, der sich rasch umherwälzt, daß 
die Erde nach allen Seiten auseinanderfliegt. Und nun kommt der 
vierte dieser Spitzbuben und springt auf das lange braune Stück, daß 
sie alle haben wollten, und reißt mit dem Schnabel und pickt und frißt 
so schnell es nur gehen will. Warte nur, du feiger Gesell, du magst 
dich nicht mit klopfen, dann sollst du auch nichts abhaben. 
3. Wir wollen jetzt in die Hände klappen, als ob das Gewehr 
losgeht. Eins, zwei, drei — hurr, wie die schwarzen Teufel auseinander¬ 
fliegen. Der Spitzbube ist der erste; der denkt, er ist schon tot¬ 
geschossen. Dann sausen die beiden Raufbolde hinterdrein, und der 
vierte da auf dem Grenzstein, ja, der kann sich von dem Anblick gar 
nicht trennen. Na, willst du wohl! Großartig, guckt sich noch lange 
nach uns um! Ist doch eine freche Gesellschaft! Sie wissen nun ganz 
genau, daß wir kein Gewehr bei uns haben, um sie schießen zu können, 
— ich müßte denn schon meinen Spazierstock nehmen und mit der
	        
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