Full text: [Teil 2 = 3. Schulj] (Teil 2 = 3. Schulj)

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Spitzenbesatz an seinem neuen Gewände. Aus dünnem Stiele steht die 
blaue Blüte keck und lustig, wie aus einem Bein, sertig zum Frühlings¬ 
tanz in der warmen Lust. Füns Blütenblätter bilden die Blüte, sünf 
Aelchblatter umschließen sie außen. Aus blauer Seide sind die ersten, 
grün ist der Überwurf, und die übrigen Blätter bilden das Unterkleid 
von gleicher Farbe. Gin goldener Schmuck ist vorn auf der Brust, und 
einen Sporn hat das untere Blütenblatt, gleich einem vornehmen Ritter 
und Herrn. Auch der trotzige Bart fehlt ihm nicht; an den Seiden¬ 
blättern sitzt ein solcher. Des Veilchens Sporn ist jedoch nicht so grau¬ 
sam wie derjenige des Reiters, der das Pferd blutig ritzt, er ist zart 
und weich und dient dem Veilchen jetzt in seinem Reichtum als Vorrats¬ 
kammer. Zn den himmelblauen Saal seiner Blüte, mit seidenen Tapeten 
geschmückt, führt eine goldene Pforte; fünf Staubgefäße und ein Stempel 
bilden sie, unten ist ein offenes Tor, dunkle Linien auf hellerem Grunde 
zeigen den ankommenden Gästen den Weg zur reichen Tafel, Honigmale 
nennt man diese Streifen, denn süßer Honig ist die aufgetragene Speise. 
3. Wunderholde Schmetterlinge flattern im Sonnenschein als vornehme 
Prinzen dem Veilchen zu, fleißige Bienen eilen verständig summend zu 
seinem Reichtum, alle schmausen, und doch verlangt das Veilchen von 
keinem Bezahlung. Gs gedenket der Milde, mit welcher die Büsche ihm 
Blätter zum Schutze geliehen, als es selbst noch so arm und dürftig war, 
und spendet nun auch freundlich jedem, der kommt, seine Schätze. So 
verstreicht heiter Tag für Tag, bis am Sonntag die Rinder zur Hecke 
kommen, das Veilchen zu suchen, jubelnd tragen sie es heim und 
pflanzen es ins Gärtchen, pflegen es, bis es verblüht oder pflücken es 
zum duftenden Sträußchen, ein Geschenk für Vater und Mutter. 
ksermann Wagner. 
77. Der Star. 
1. „Im Winter da muß man große Kälte ausstehn, und im Sommer 
da ist's eine grausige Hitze!" Das denkt nicht nur der Hase in dieser 
Zeit des scharfen Frostes, sondern das denken auch wir, wenn wir in den 
schneidenden Ostwind hinaus müssen. Das ist ja in diesen Tagen ein 
Schneegestöber und ein Sturmgebraus gewesen, daß man keinen Hund 
auf die Straße jagen mochte. Jetzt freut sich, wer ein warmes Stübchen 
hat und einen dicken Mantel. Aber immer im Zimmer zu sitzen, wie 
unbequem ist das und wie ungesund. Da singt gar mancher: 
„Schöner Frühling, komm doch wieder! 
Bring uns Blumen, Laub und Lieder!" 
Und mit den Liedern meinten wir diejenigen, welche uns die Vögel
	        
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