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120. Der blinde Aônig.
von Ludrvig rlhland.
1. Was steht der nordischen Fechter
Schar
hoch aus des Meeres Bord?
Was will in seinem grauen Haar
der blinde König dort?
Er ruft in bittrem Harme,
auf seinen Stab gelehnt,
daß überm Meeresarme
das Eiland widertönt:
2. „Gib, Räuber, aus dem Fels¬
verlies
die Tochter mir zurück!
Ihr Harfenspiel, ihr Lied so süß
war meines Alters Glück.
Vom Tanz auf grünem Strande
hast du sie weggeraubt;
dir ist es ewig Schande,
mir beugt's das graue Haupt."
3. Da tritt aus seiner Kluft hervor
der Räuber, groß und wild,
er schwingt sein Hünenschwert
empor
und schlägt an seinen Schild:
„Du hast ja viele Wächter,
warum denn litten's die?
Dir dient so mancher Fechter,
und keiner kämpft um sie?"
4. Roch stehn die Fechter alle
stumm,
tritt keiner aus den Reihn.
Der blinde König kehrt sich um:
„Bin ich denn ganz allein?"
Da faßt des Vaters Rechte
sein junger Sohn so warm:
„Vergönn' mir's, daß ich fechte!
Wohl fühl' ich Kraft im Arm."
5. „O Sohn, der Feind ist riesen¬
stark,
ihm hielt noch keiner stand;
und doch, in dir ist edles Mark,
ich fühl's am Druck der Hand.
Nimm hier die alte Klinge!
Sie ist der Skalden Preis;
und fällst du, so verschlinge
die Flut mich armen Greis!"
6. Und horch! es schäumet, und es
rauscht
der Nachen übers Meer.
Der blinde König steht und lauscht,
und alles schweigt umher,
bis drüben sich erhoben
der Schild' und Schwerter Schall
und Kampfgeschrei und Toben
und dumpfer Widerhall.
7. Da ruft der Greis so freudig bang:
„Sagt an, was ihr erschaut!
Mein Schwert (ich kenn's am guten
Klang),
es gab so scharfen Laut." —
„Der Räuber ist gefallen,
er hat den blut'gen Lohn.
Heil dir, du Held vor allen,
du starker Königssohn!"
8. Und wieder wird es still umher,
der König steht und lauscht:
„Was hör' ich kommen übers Meer?
Es rudert, und es rauscht." —
„Sie kommen angefahren,
dein Sohn mit Schwert und Schild,
in sonnenhellen Haaren
dein Töchterlein Gunild."