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„Der Schneefall“, sagt die Dame, „ist doch ein Segen. Wie
viel Arbeitslose gäbe es mehr!"
„Steh’ einer mal draußen!“ wiederholt der Unzufriedene und
guckt geringschätzend über seinen Speisenapf hin. -
So geht es in der „Volksküche“ zu, einen Tag wie den andern.
E. Vely („Er und Sie“).
66. Vorn Segen der Arbeiterverstcherung.
1. Franz Bredich war der Sohn eines armen Arbeiters, der als
Maurer seine Familie kümmerlich ernährte. Vater Bredich verdiente täg¬
lich nur 1,80 JC, und da Franz noch vier jüngere Geschwister hatte, so
war es natürlich, daß zu Hanse Schmalhans gar oft Küchenmeister war.
Besonders im Winter litt die Familie nicht selten Not; denn an Frost¬
tagen hörten die Maurerarbeiten ans, und der Vater mußte versuchen, durch
Steineklopfen und Schneeschippen etwas zu verdienen. Das Schlimmste
war, daß er sich keiner festen Gesundheit erfreute und manchmal mehrere
Wochen überhaupt nicht arbeiten konnte. Damals bestand das Gesetz über
die Krankenversicherung der Arbeiter noch nicht. Wenn Bredich durch
Krankheit verhindert war, Arbeit zu übernehmen, so versiegte für ihn sofort
jede Einnahmequelle. Oft verzögerte sich seine Genesung, weil er keinen
Arzt zu Rate ziehen konnte, denn er hätte ihn bezahlen müssen, während
heutzutage jedem Arbeiter freie ärztliche Behandlung gewährt wird. So
kehrten denn Not und Elend bei ihm ein; und nur der rastlose Fleiß
feiner Ehefrau und die milden Gaben einiger christlich gesinnten Nachbarn,
die den nüchternen und ordentlichen Maurer schätzten, bewahrten seine
Familie vor dem bittersten Hunger.
Nach einen: langen und harten Winter hatte Bredich Anfang April
wieder bei dem Maurermeister Freitag Arbeit bekommen. Er wurde auf
einem Neubau beschäftigt, den Herr Freitag so bald als möglich vollenden
wollte. Daher fand sich für Bredich Gelegenheit, durch Überstunden seinen
Tagesverdienst zu erhöhen. Es gewährte ihm eine große Freude, wenn er
die Mehreinnahme jeden Sonnabend seiner Frau aushändigen konnte. Diese
verwandte das Geld dazu, die kleinen Schulden, die man in: Winter hatte
machen müssen, nach und nach abzutragen.
2. Eines Vormittags im Anglist war Frau Bredich mit dein Aus¬
bessern der Wäsche beschäftigt, als plötzlich die Stubentür aufgerissen wlirde
und eine ihr unbekannte Stimme hineinrief: „Herr Freitag läßt Ihnen
sagen, daß Ihren: Manne ein schweres Unglück zugestoßen ist." Vor
Schrecken ließ sie die Stopfimdel fallen und sank iu den Stuhl zurück;