Full text: (Viertes und fünftes Schuljahr) (Teil 2 für Kl. 6 u. 5)

Warum man unreife Früchte doch so selten bemerkt? Viele werden 
wie ein Schatz verborgen gehalten, andere durch die grüne Färbung 
unauffällig und womöglich durch Einlagerung herber Stoffe ungenieß- 
bar gemacht. Feder Junge kennt ja die Säure des unreifen Apfels, 
der unreifen Schlehdornkirfche. Sie zieht ihm den Mund fast bis zu 
den Ohren und stiftet, wenn in größeren Mengen genossen, großes 
Unheil in seinem Magen an. 
Warum das? 
Jede Pflanze strebt, ihre Art möglichst weit zu verbreiten, könnten 
aber unreife Früchte dieses Geschäft übernehmen? Nein! Darum oben¬ 
genannte Schutzmaßregeln. 
Mit der Reife aber treten große Veränderungen ein: der Apfel 
lacht uns mit roten Wangen gar freundlich an. Das will heißen: 
„Komm' und pflücke mich!" Die Eberesche bietet ihre roten Beeren 
für die Vögel aus. Die gleiche Einladung stellt der Kirschenbaum und 
der Johannisbeerstrauch. Die Himbeer- und Erdbeerstaude fügt noch 
eine weitere Aufforderung hinzu: den feinen Duft. Wer kann da wider¬ 
stehen, ob Mensch, ob Tier? Die Pflanzen sind Kaufleute: sie geben 
das süße Fleisch der Früchte und fordern Verbreitung des Samens. 
— Wer den hungrigen Käufer zuerst anzulocken versieht, der macht 
das beste Geschäft. Darum die auffällige Reklame. 
Rot und grün sind die neuesten Farbenzusammenstellungen. 
Macht es die Natur nicht ebenso? Rote Früchte auf grüner Auslage? 
Und damit es eher geglaubt wird, füge ich noch einige Beispiele an: 
Wie ist die reife Verberitzenbeere gefärbt? Rot! — Wie die Hage¬ 
butte der wilden Rose? Rot! — Die Beere des Schneeballs, des Hirfch- 
holders, des Geißblattes? Rot und immer wieder rot! — Und ihre 
Blätter zur Reifezeit? — Grün! — Auch des Pfaffenkäppchens Früchte 
find rot und grün die Blätter. — 
Noch nicht genug? So zähle ich noch einige Pflanzen auf, die 
immer, auch im Winter, grün find: die Stechpalme ist gewiß bekannt. 
— Heben sich ihre leuchtend-roten Beeren nicht wunderbar von dem 
dunkelgrünen Hintergründe ab? Wie appetitlich schauen die Preisel¬ 
beeren aus ewig-grünem Laube und die scharlachroten Früchte aus den 
grünen Nadeln der Eibe! Genügt das nicht zur Feststellung: rote 
Beeren auf grünem Grund dienen zur Anlockung? 
Ein Schritt weiter! Abwechslung muß sein. So will es auch die 
geschickte Reklamekünstlerin Natur. Da färbt sie z. B. die Blätter des
	        
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