Full text: (Sechstes und siebentes Schuljahr) (Teil 3 für Kl. 4 u. 3)

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Ruf der Alten, und der kleine Naseweitz entfernt sich zwar eilig von 
dem gefährlichen Platz, aber ohne unter den Flügel der Mutter sich zu 
bergen; der warnende Ton war eben ein anderer. Bemerken alte 
Enten auf dem Wasser des Teiches oder Sees, mitten unter ihrer 
zahlreichen Nachkommenschaft schwimmend, einen Herabstotzenden Falken, 
so rufen sie ihren Jungen in besonderer Art zu, und in einem Nu 
taucht die ganze kleine Gesellschaft unter. 
Wie reizend ist es, zuzusehen, wie die alten Schwalben oder Störche 
ihren Jungen das Fliegen lehren, wie sie ihnen an sicherem Ort 
leichtere Flugbewegungen vormachen, wie sie den Zaghaften Mut zu 
machen versuchen und das Nesthöckchen endlich, dem das Unternehmen 
doch gar zu gefährlich vorkommt, durch einen gelinden Stotz in die 
Notwendigkeit versetzen, von seinen unerfahrenen Schwingen Gebrauch 
zu machen! Man hat gemeint, datz die Art, wie die Falken auf ihre 
Beute stotzen, als eine instinktive, das heitzt ererbte und unbewutzt in 
Anwendung gebrachte, betrachtet werden müsse. Aber die alten Vögel 
suchen den natürlichen Instinkt ihrer Jungen auszubilden, indem sie 
ihnen Geschicklichkeit und richtiges Abschätzen der Entfernung dadurch 
beibringen, datz sie vor ihnen tote Mäuse und Sperrlinge in die Luft 
fallen lassen, die anfangs von den Jungen in der Regel verfehlt werden; 
erst später gehen sie dazu über, gefangene lebende Vögel als Jagdübung 
fliegen zu lassen. Ich glaube sogar, datz die Eltern den Jungen auch 
lehren, was für sie zuträgliche und was schädliche Nahrungsmittel sind. 
Bei den meisten Vögeln beteiligen sich, wie am Brutgeschäft, beide 
Eltern auch an der Aufzucht der Jungen, wenn auch häufig genug bei 
drohender Gefahr die Männchen sich mehr für die Eier, die Weibchen 
hingegen mehr für die Jungen zu interessieren scheinen. Aber nicht 
alle Vogelmännchen sind so geartet, viele widmen sich der Pflege ihrer 
Minder mit derselben Hingabe wie ihre Weibchen. Und das ist 
notwendig. Wie sollte wohl so ein kleines Meisensiechen allein imstande 
sein, ihren acht bis vierzehn hungrigen Schreihälsen den Mund zu stopfen? 
Es liegen aber Beobachtungen vor, datz brütende Weibchen, wenn sie 
durch einen Unglücksfall Witwen werden, weiter brüteten und sogar 
die ausgebrüteten Halbwaisen allein grotz zogen. Und umgekehrt ist 
einmal beobachtet worden, datz ein Storchmann, nachdem er durch einen 
unglücklichen Zufall seine Frau verloren hatte, die schon vorhandenen 
Jungen bis zu ihrer vollen Entwickelung heranpflegte. Alle Jahre 
kehrte er zu seinem vereinsamten Neste zurück; er schritt aber nicht zu 
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