fullscreen: [Teil 2 = Kl. 6 u. 5] (Teil 2 = Kl. 6 u. 5)

kaum aus den Augen sehen konnten, und sich nur mit Mühe an 
ihren Futtertrog schleppten. So blanke Kühe wie auf diesem Hofe 
fanden sich bald weit und breit nicht. Sie gaben ohne Ende fette, 
sahnige Milch aus ihren strotzenden Eutern, und um die Butter, 
die die Bäuerin in die Stadt schickte, rissen sich die Leute; denn 
sie war so frisch wie Morgentau und süß wie Nußkern. Obwohl 
die Pferde des Bauern alltäglich nur einige Hände voll Hafer und 
ein wenig Heu verzehrten, waren sie doch glänzend und schön, 
und, fromm und feurig zugleich, schafften sie vor dem Pflug oder 
dem Wagen doppelt so viel als früher. Auch mit den Hühnern 
war es ein seltsames Ding. Sie legten und legten fast das ganze 
Jahr hindurch, jegliches alltäglich ein großes, rundes Staatsei, zu¬ 
weilen .gar mit zwei Dottern, und niemals geschah es, wenn eine 
Glucke gesetzt wurde, daß sich auch nur eines von den unter¬ 
gelegten Eiern faul erwies, oder daß später von den Küchlein der 
Habicht oder der Weih eins erwischte. Das alles gefiel dem Bauer 
und der Bäuerin gar wohl, und da sie recht gut wußten, wem sie 
diesen Segen zu verdanken hatten, so priesen sie das kleine Männ¬ 
lein alle Tage, und niemals ward die herkömmliche Gabe versäumt. 
Eines Tages im Winter aber, als es bei hellem Sonnenschein 
so recht Stein und Bein fror und die Eiszapfen wie gläserne Keulen 
von den Dächern hingen, saß der Bauer recht behaglich in seinem 
Sorgenstuhl am warmen Ofen und wartete auf sein Mittagessen. 
Es gab sein Lieblingsgericht, Schweinsrippenbraten mit Pflaumen 
und Äpfeln gefüllt, und süße Düfte dieses köstlichen Gerichtes 
wehten jedesmal, wenn die Tür geöffnet wurde, verheißungsvoll 
aus der Küche hervor. Da er nun in der Erwartung des Guten 
so behaglich in der Wärme saß, empfand er eine Abneigung, hin¬ 
auszugehen in den eisigen Wintertag und die kalte Scheune, nur 
um der einen kleinen Gerstenähre willen. Er rief deshalb seinen 
Knecht und sagte ihm, was er tun sollte. Dieser, ein vorwitziger 
Gesell, hatte schon lange Begehren getragen, das sonderbare 
Männlein, darüber man im Dorfe die wunderlichsten Dinge erzählte, 
zu sehen, und ging eilfertig in die Scheune, wo er das Wichtlein 
schon wartend antraf. Als er ihm den Halm nun darreichte, konnte 
er sich nicht enthalten, das kleine Geschöpf wie zufällig ein wenig 
mit den spitzen Grannen der Ähre ins Gesicht zu kitzeln, also daß 
es sehr prustete und wunderliche Gesichter zog. Darüber wollte 
sich der Knecht vor Lachen innerlich ausschütten. Als er aber 
sah, wie der kleine Mann mit schwerem Gestöhn den Halm auf 
die Schulter wuchtete und unter Schnaufen davonschleppte, da er¬ 
schien ihm solches dermaßen lächerlich, daß er sich nicht enthalten 
konnte, zu rufen: „Nun sieh einer das Klabauterding, wie es sich 
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