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ober andere Nahrung aufschüttet; allein nur die stärksten pirsche kommen 
in ihren Besitz, bas Rehwild und die jüngeren Tiere werden mit un¬ 
barmherziger Kraft verdrängt. Ruch die holzarbeit wird im Winter 
betrieben, nicht die Fällung der Bäume, sondern nur die Herbeischaffung 
der ungeheuren gefällten Stämme, denen der Schnee die steilen Wege 
ebnet, während er sie allen ringsumher verschließt. Mit lawinenartiger 
Gewalt stürzen Tausende von Klaftern zu Tal; die holzknechte, die 
das lebensgefährliche Rmt versehen, wohnen in den sogenannten Winter¬ 
stuben, und wochenlang sehen sie kein menschliches Angesicht, als wenn der 
Förster kommt, um nachzuschauen. Ruch die Jagd ist in solcher Zeit 
beschränkt, denn der Frost ist der wilde Jäger, dessen unsichtbarer Pfeil 
die scheuen Tiere ins herz trifft. Deshalb stellt man fast nur dem Raub¬ 
wild nach; dem Marder, der tiefgeduckt auf Beute geht, und den Füchsen, 
die um den Schmaus des verendeten Rehes streiten, werden mörderische 
Fallen gelegt; auch die Geierfeder steht gut zum grünen Hute. Dazwischen 
flattert wohl einmal das scheue Schneehuhn über den Weg, und den 
Schuh mit eisernen hacken bewaffnet, trägt der Jäger die leichte Beute 
über der Schulter heim. 
So sinden wir heute den Herrn des Hauses, in dessen Stube wir 
in Gedanken eingetreten sind. Tr hat den Mantel abgelegt und sich 
niedergelassen am eichenen Tisch, über dem Gfen sind auf Sperrhölzern 
die kostbaren Felle zum Trocknen ausgespannt. Roch ist es kaum vier 
Uhr nachmittags, und doch beginnt schon die tiefe Dämmerung; nur 
mühsam sehen die Rinder, tief über den Tisch gebeugt, noch die Ge¬ 
stalten in ihrem Buch. Ts sind Husaren und Dragoner; das Spielzeug, 
mit dem sie tändeln, sind Bleisoldaten. Fremde Rinder haben sie im 
Sommer zurückgelassen. 
Der Ulte aber streckt behaglich die Glieder und plaudert mit einem 
von seinen Jägerburschen; aber nicht vom Udler, den er heute über dem 
Rar*) emporsteigen sah, er spricht vom Kriege, von den deutschen Kaisern 
sprechen sie in der Raiserklause. 
Wie es wohl draußen gehen mag? Zwei von den jüngsten Gehilfen 
sind mit im Felde; sie waren von jeher die verwegensten aus den 
Felsenspitzen, sie stiegen den Gemsen nach über den steilsten Grat, dem 
Wilddieb, wenn er langsam am Rbgrund hinzog; jetzt hat sie der Kampf 
unter die Fahnen geführt. Bis ins ferne Tal, bis an die letzte Scholle 
des großen Reiches drang ja der Krieg und der Ruf zur Heeresfolge, 
und so nahmen sie ihren Stutzen auf und zogen hinaus in die Welt; auch 
draußen blieben sie bayrische Jäger. Der eine von ihnen ist tot, er ist in 
Bazeilles verbrannt unter den rauchenden Trümmern; vom andern fehlt 
jede Kunde. 
Solange im Sommer noch einzelne Fremde kamen, erfuhren sie 
drinnen im Försterhaus wohl manches aus dem Felde, alle Tage brachte 
ein Bote das Zeitungsblatt, aber nun, nun ist die Welt da draußen wie 
*) Gebirgsschlucht.
	        
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