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die damals gemacht wurden, sind heute längst erfüllt. Im Jahre 1895
war das Kraftfahrzeug in der Schnelligkeit bereits den Radfahrern
überlegen. Im Jahre 1900 aus der großen Fernfahrt Paris—Berlin
erreichte der Sieger Fournier Eisenbahngeschwindigkeit. Dann stieg
die Schnelligkeit von Jahr zu Jahr, und 1904 war man soweit, daß
die Industrie sagte: „Jetzt haben die Schnelligkeitsrennen keinen.Zweck
mehr. Wir können jetzt mit Sicherheit Wagen bauen, die viel schneller
sind, als es für die Landstraße jemals notwendig wird. Die Schnellig¬
keit haben wir nun geschafft, jetzt kommt die Zuverlässigkeit daran."
Und nun wurden in neuen großen Wettfahrten die Kraftwagen auf
ihre Zuverlässigkeit erprobt. Über zweihundert deutsche Meilen mußten
die Wagen fahren, und für den geringsten Schaden an dem Fahrzeug
gab es Strafpunkte. Nur an zwei Stellen fanden noch über kurze
Strecker: Schnelligkeitsrennen statt, einmal in der Ebene und einmal
auf den Bergen. Da konnte sich jeder Wagen gute Punkte verdienen.
Aber als Sieger konnte nur in Betracht kommen, wer absolut zuver¬
lässig war, wer keine Strafpunkte erhalten hatte. Unter den zuver¬
lässigsten Wagen mußten dann die schnellsten Sieger werden. Die
Zuverlässigkeit aber bedeutete bereits erhöhte Wirtschaftlichkeit; denn
Reparaturen kosten Geld, und der Wagen, der geringe Reparaturen
hat, wird naturgemäß der billigste sein. Zwar war auch noch die Frage
der Herstellungskosten und diejenige des Brennstoffverbrauchs zu
unterscheiden, aber immerhin konnte man bereits in großem Maßstabe
an die Herstellung wirtschaftlicher Gefährte für Handel und Industrie
gehen.
4. Der reiche Mann, etwa ein vielbeschäftigter berühmter Arzt
oder Bankier, wird sich nach wie vor einen schweren Luxuswagen
halten können, in dem er gewissermaßen eine Eisenbahn im kleinen
besitzt. Für die große Menge des Volkes hat die neue Zeit andere
Dinge geschaffen. Da ist zunächst die breite Menge der Wenigbemittelten,
die auch den Groschen, den sie ausgeben, dreimal umdrehen müssen.
Für diese brachte das zwanzigste Jahrhundert den Automobilomnibus.
In ihm kann jedermann für zehn Pfennige fahren und nachher mit
Stolz erzählen, daß er heute eine Automobiltour gemacht hat. Durch
ihn ist das Kraftfahrzeug auch dem Ärmsten zugänglich geworden.
Und wir finden den Automobilomnibus nicht nur in der Großstadt,
sonder:: auch auf dem platten Lande. Für den Bessergestellten komuck
die Droschke in Betracht. Er kann sich wohl einmal eine Fahrt für
zwei Mark leisten, und jederzeit stehen Droschken aller Art an den
Haltestellen bereit. Er kann für billiges Geld mit dem Benzinmotor
fahren, er kann sich aber auch durch den elektrischen Motor befördern
lassen. — Nun käme der Mann, der berufsmäßig viel zu fahren hat,