Full text: Für das sechste und siebente Schuljahr (Teil 3)

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also, daß ich bei mir selbst gedachte: Wie herrlich ist es doch, wenn man 
nichts hat und sich auf nichts verlassen kann, kennt aber den lebendigen 
Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, und setzet auf ihn allein sein 
Vertrauen! Kaum war ich nach Hause zurückgekehrt, so kommt der Bau¬ 
aufseher und verlangt Geld für die Arbeitsleute. ,^st was gekommen?" 
fragte er. Ich. antwortete: „Nein, aber ich habe Glauben an Gott." 
Kaum hatte ich das Wort ausgeredet, so ließ sich ein Student bei mir 
melden, welcher dreißig Taler von jemand, den er nicht nennen wollte, 
brachte. Da ging ich wieder in die Stube und fragte den andern, wieviel 
er diesmal zur Bezahlung der Bauleute bedürfe. Er antwortete: „Dreißig 
Taler." Ich sagte: ,Hier sind sie!" und fragte dabei, ob er mehr brauchte. 
Er sagte: „Nein!" 
So wunderbar und gnädig half Gott unzähligemal. Das Haus 
wurde fertig, obgleich ein ungläubiger Mensch gesagt hatte: „Wenn die 
Mauer in die Höhe kommt, will ich mich dran hängen lassen!" Wie bei 
der Erbauung, so ging es auch bei der Erhaltung her: „Von Woche zu 
Woche, von Monat zu Monat", sagt Francke, „hat mir der Herr zu¬ 
gebröckelt, wie man den kleinen Küchlein das Brot zubröckelt, das die 
Notdurft erfordert." Immerhin ging's nicht selten durch großes Gedränge, 
und doch konnte Francke auf die Frage: „Habt ihr auch je Mangel gehabt?" 
in Wahrheit mit den Jüngern des Herrn antworten: „Herr, nie keinen!" 
Zur Zeit seines Todes 1727 waren im Waisenhause 134 Waisenkinder 
unter zehn Aufsehern und in den verschiedenen Schulen etwa 2300 Kinder, 
die von 175 Lehrern meist unentgeltlich unterrichtet wurden. 150 Schüler 
unb 225 arme Studenten wurden aus der Kaffe des Waisenhauses täglich 
gespeist! Seit Gründung der Stiftungen sind weit über 100 000 Knaben 
und Mädchen in den Schulen ausgebildet worden. 
Diese Zahlen reden! Welchen Segen haben Franckes Arbeiten Hundert¬ 
tausenden von Herzen gebracht! H. Keck. 
85. Johanna Sebus. 
1. Der Damm zerreißt, das Feld erbraust, 
die Fluten spülen, die Fläche saust. 
„Ich trage dich, Mutter, durch die Flut, 
noch reicht sie nicht hoch, ich wate gut!“ — 
„Auch uns bedenke, bedrängt wie wir sind, 
die Hausgenossin, drei arme Kind! 
Die schwache Frau! ... Du gehst davon!“ - 
Sie trägt die Mutter durchs Wasser schon. 
„Zum Bühle da rettet euch! Harret derweil! 
Gleich kehr’ ich zurück, uns allen ist Heil.
	        
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