Full text: Für das sechste und siebente Schuljahr (Teil 3)

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5. Die Bauern hängen schläfrig auf den Pferden, 
still heimwärts kehrend vom gewohnten Pflug. 
In Wiesentiefen dampft es aus der Erden, 
und über ihnen schwimmt ein Kranichzug. 
6. Mein Vaterland, könnt’ ich in deinen Feldern 
nur einmal hören noch der Sense Schnitt 
und durch das welke Laub in deinen Wäldern 
noch einmal rascheln hören meinen Tritt! 
Detlev v. Liliencron. 
9. Das Schloß Bonrourt. 
1. Ich träum' als Kind mich zurücke 
und schüttle mein greises Haupt; 
wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder, 
die lang' ich vergessen geglaubt! 
2. Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen 
ein schimmerndes Schloß hervor, 
ich kenne die Türme, die Zinnen, 
die steinerne Brücke, das Tor. 
3. Es schauen vom Wappenschilde 
die Löwen so traulich mich an, 
ich grüße die alten Bekannten 
und eile den Burghof hinan. 
4. Dort liegt die Sphinx am 
Brunnen, 
dort grünt der Feigenbaum, 
dort hinter diesen Fenstern 
verträumt' ich den ersten Traum. 
5. Ich tret' in die Burgkapelle 
und suche des Ahnherrn Grab; 
dort ist's, dort hängt vom Pfeiler 
das alte Gewaffen herab. 
6. Noch lesen umflort die Augen 
die Züge der Inschrift nicht, 
wie hell durch die bunten Scheiben 
das Licht darüber auch bricht. 
7. So stehst du, o Schloß meiner 
Väter, 
mir treu und fest in dem Sinn 
und bist von der Erde verschwunden — 
der Pflug geht über dich hin. 
8. Sei fruchtbar, o teurer Boden, 
ich segne dich niild und gerührt — 
und fegn' ihn zwiefach, wer immer 
den Pflug nun über dich führt. 
9. Ich aber will auf mich raffen, 
mein Saitenspiel in der Hand, 
die Weiten der Erde durchschweifen 
und singen von Land zu Land. 
Adelbert v. Chainisso.
	        
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