Full text: [Teil 3b = 9. Schulj] (Teil 3b = 9. Schulj)

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Schimmer auf beiden Seiten, das sogenannte Zodiakallicht. Ihre blen¬ 
denden Strahlen fallen ungeschwächt von dem schwarzen Horizont 
zunächst auf die Gipfel der Berge, während Täler und Tiefen noch in 
dunkle Finsternis gehüllt bleiben und selbst die Schatten der Berge 
tiefschwarz sind. Ebenso tiefschwarz erscheint der Himmel, der uns 
wie ein bodenloser Raum umgibt, in dem die Sterne als grell leuchtende 
Punkte hervortreten. Da die Bewegung des Mondes neunundzwanzig- 
mal langsamer ist als die der Erde, so sehen wir erst nach zwölf Stunden 
die östliche Seite unsers Kratergebirges silberweiß und blendend er¬ 
hellt, während westlich in jähem Gegensatz alles, was nicht direkt be¬ 
leuchtet wird, in rabenschwarze Nacht gehüllt ist. Erst nach 175 Stun¬ 
den erreicht die Sonne ihren höchsten Stand, und nun übersehen wir 
eine weite Landschaft, die wüst und leer ist. Keine Spur von Leben, 
kein Tier und keine Pflanze ist zu sehen, und kein Laut dringt zu 
unserm Ohr. Nackt und öde breiten sich große Flächen von aschen¬ 
artigem Ansehen aus, und aus ihnen erheben sich die bezeichneten 
Kraterbildungen, deren Randwälle oft viele Meilen, etwa soweit wie von 
Dresden nach Leipzig, voneinander entfernt sind, während die kleinsten 
Krater etwa unserm Vesuv gleichkommen. Einzelne Bergspitzen er¬ 
heben sich aber bis zur Höhe des Himalaja und wirken um so riesen¬ 
hafter, da der Mondball fünfzigmal kleiner ist als die Erde. 
4. Unter unserm Fuß hat sich ein Stück Fels losgelöst; wir 
sehen, wie ein gewaltiger Steinblock ins Tal hinabrollt, und wir glauben 
im nächsten Augenblick ein Donnergepolter zu hören; aber alles bleibt 
still und lautlos wie ein Grab; denn da es keine Luft gibt, gibt es auch 
keine Schallwellen, die den Laut weitertragen. Würde eine Kanone auf 
dem Monde abgefeuert, so wäre kein Ton hörbar, und wollten wir mitein¬ 
ander sprechen, so könnten wir wohl sehen, wie die Lippen sich bewegen, 
aber vernehmen würden wir nichts. Die Stille des Todes umgibt/ uns. 
Kein jubelndes Leben begrüßt den anbrechenden Tag, keine Lerche 
läßt ihren schmetternden Morgengesang ertönen, kein Käfer summt, 
keine Quelle murmelt, kein Morgenwind regt die rauschenden Kronen 
der Bäume. Alles das, was unsre Erde zu einem gastlichen Sterne 
macht, auf dem Millionen von emsigen, tätigen Menschen ihres Da¬ 
seins sich freuen, fehlt jener erstorbnen Welt des Mondes: das grüne 
Kleid der Wälder und Fluren, der bunte Blumenteppich, die rieselnden 
Bäche, die rauschenden Ströme und brandenden Meere. 
5. Inzwischen ist‘die Hitze unerträglich geworden, aber erst nach 
abermals 175 Stunden senkt sich die Sonne zum westlichen Horizont 
herab und verschwindet allmählich, wie sie aufgegangen war. 
Unser Auge erblickt einen Himmelskörper, der zunächst wie der 
Mond im ersten Viertel erscheint, mit der Zunahme der Nacht immer
	        
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