Full text: [Teil 3b = 9. Schulj] (Teil 3b = 9. Schulj)

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irie Glockenklang vom Meeresgrunde 
ein Wort durch meine Seele zieht, 
so wehmutsvoll wie Abendstimmen, 
so mild als wie ein Schlummerlied. 
Und kann ich keine Ruhe finden, 
wenn Gram und Sorge mich umspinnt, 
dann hör' ich's rannen, Frieden bringend: 
Gute Nacht, Mutter! — Gute Nacht, Rind! 
Jakob Loewenberg. 
4. Frau Zorge. 
Frau Sorge, die graue, verschleierte Frau, 
herzliebe Eltern, ihr kennt sie genau; 
sie ist ja heute vor dreißig Jahren 
mit euch in die Fremde hinausgefahren, 
da der triefende Novembertag 
schweratmend auf nebliger Heide lag 
und der Wind in den Weidenzweigen 
euch pfiff den Hochzeitsreigen. 
Als ihr nach langen, bangen Stunden 
im Litauerwalde ein Nest gefunden 
und zagend standet an öder Schwelle, 
da war auch Frau Sorge schon wieder zur Stelle 
und breitete segnend die Arme aus 
und segnete euch und euer Haus 
und segnete die, so in den Tiefen 
annoch den Schlaf des Nichtseins schliefen. 
Es rann die Zeit. — Die morsche Wiege, 
die jetzt im Dunkel unter der Stiege 
sich freut der langverdienten Nast, 
sah viermal einen neuen Gast. 
Dann, wenn die Abendglut verblichen, 
kam aus dem Winkel ein Schatten geschlichen 
und wuchs empor und wankte stumm 
erhobenen Arms um die wiege herum. 
Was euch Frau Sorge da versprach, 
das Leben hat es allgemach 
in Seufzen und Weinen, in Not und jAage, 
im Mühsal trüber Werkeltage, 
im Zammer manch durchwachter Nacht 
ach! so getreulich wahr gemacht. 
Ihr wurdet derweilen alt und grau, 
und immer noch schleicht die verschleierte Frau 
mit starrem Aug' und segnenden Händen 
zwischen des Hauses armen vier wänden 
vom dürftigen Tisch zum leeren Schrein.
	        
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