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Die Flottengröße der Hamburg-Amerika-Linie — das ist einer der
Hauptgründe für Old Englands böse Eifersucht auf unsere heutige Handels¬
schiffahrt. Jrir Zorn über die unnachahinliche Entwicklung dieser einzelnen
Reederei, der sich nur der Norddeutsche Lloyd mit einer ähnlichen Macht
zur Seite zu stellen vermag, scheint das britische Jnselvolk nicht selten zu
vergessen, um wieviel die Gesamtheit der englischen Seemacht die deutsche
heute denn doch noch überragt.
Dazu kommt — und das ist für die Geltung der Hamburg-Amerika-
Linie noch wichtiger — die Beschaffenheit, Behandlung und Verwendung
dieses umfangreichen Schiffsmaterials. Daß die Hamburg-Amerika-Linie
mit ihren Schiffen 57 regelmäßige überseeische Linien nach inehr als 300
der bedeutendsten Welthandelshäfen unterhält, daß auf allen diesen Routen
die Dampfer der Hamburg-Amerika-Linie nach ihren Passagier- und Güter¬
räumlichkeiten, nach Borddienst, Verpflegung, Sicherheit und Promptheit
des Verkehrs den besten Ruf, ja meist sogar den Ruf der Besten genießen —
das erst gibt der Schiffszahl ihre hervorragende Machtwirkung. Fast fühlt man
sich versucht zu fragen, auf welchen! Meere denn der Paketfahrtwimpel nicht
weht, welche deutsche oder ausländische Schiffahrtsgesellschaft von diesen:
Riesennetz der Verkehrsinteressen etwa nicht berührt wird. Der tiefer
Eingeweihte weiß überdies, daß die Gesellschaft auf mehrere ausländische
Reedereien maßgebenden Einfluß übt und den Verkehr der meisten kon¬
kurrierenden Schiffahrtsgesellschaften durch Verträge in festumgrenzte
Bahnen gelenkt hat. In Deutschland vermag nur der Norddeutsche Lloyd,
im Ausland überhaupt keine Reederei eine auch nur annähernd so ver¬
zweigte und vielseitige Tätigkeit des Schiffahrtsbetriebes aufzuweisen.
Als man im Gründungsjahre der Gesellschaft, im Jahre 4847, den heute
in Hamburg-Amerika-Linie, Paketfahrt oder Hapag (Ick. A. P. A. G.) ver¬
kürzten Namen „Hamburg-Amerikanische Paketfahrt-Aktien-Gesellschaft"
erfand, konnte man nicht ahnen, daß dieser breite Name dermaleinst viel
zu eng werden würde. Vielleicht hätte man die Gesellschaft sonst gar
„Europa-Amerikanische oder Afrikanische oder Asiatische Paketfahrt-Aktien-
Gesellschaft" getauft.
4. Da die Hamburg-Amerika Linie zu ihrer heutigen Bedeutung ledig¬
lich durch die Entfaltung ihrer inneren Kräfte gelangt ist, ohne daß äußere
Einwirkungen in Gestalt von Staatsunterstützungen oder Kapitalsspeku¬
lationen an sie herangetreten sind, versteht es sich von selbst, daß die Zeichen
ihrer Macht rnrd Geltung nicht allein in Flotte und Verkehrsaufgaben zu
finden sind. Vor allen Dingen entsprechen die Leistungen der Reederei,
die Transportleistungen wie die Gewinne, dem großartigen Bilde, das
die Verkehrsmittel und das Arbeitsfeld vor dem Beschauer entrollen.
Die Hamburg-Amerika-Linie betätigt sich auf allen Gebieten des See¬
transports: sie pflegt den vornehmen Kajüts- wie den massenhaften Aus¬