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Ein unentbehrliches Nahrungsmittel für die Pflanze ist aber
das Wasser, und wenn im heißen Sommer wochenlang kein Regen
ans der Luft herabkommt, dann gerät die Pflanze in Gefahr zu
verdursten und zu vertrocknen; sie müßte sterben, wenn nicht endlich
doch wieder Wasser aus der Luft herabkäme. Dann regnet es, und
dann saugen die Pflanzen mit ihren Wurzelfasern das Wasser ein,
das in den Boden sickert, die welken Stengel richten sich frisch in
die Höhe und die Pflanze wächst weiter.
Wenn es nun regnet, woher kommt dann das Wasser? Aus
der Luft! Aber wie kommt es in die Luft?
Auf der Erde gibt es eine unendliche Menge Wasser. Denken
wir einmal an all die vielen Bäche, die in die großen Flusse eilen,
und an die vielen großen Flüsse, auf denen Schiffe fahren, und an
die Seen und Teiche und Sümpfe und dann an das große, große
Meer, auf dem man sechs Tage fahren kann, ohne Land zu sehen,
und das so tief ist, daß die höchsten Berge der Erde darin Platz
haben. Auf alle diese Wassermengen scheinen die heißen Strahlen
der Sonne und verdunsten einen kleinen Teil von der Oberfläche.
Wißt ihr, was so ein Sonnenstrahl ist? Der besteht aus ungeheuer
kleinen und ungeheuer raschen Erzitterungen, die inan mit dem blo¬
ßen Auge nicht sehen kann, auch nicht mit dem Bergrößerungsglase.
Diese ungeheuer kleinen Erzitterurigen geben nun den allerkleinsten
Wasserteilchen lauter ungeheuer kleine Stöße, und da gehen die Was¬
serteilchen in die Luft und verdunsten, werden Dampf. Aber das
Wasser des Flusses und des Meeres ist schwer, viele Millionen Zent¬
ner schwer, lind diese Millionen Zentner hebt die Sonne in die
Lust, als ob das gar nichts sei. Da sehen wir, was für eine Riesen¬
arbeit die Sonne leistet, wenn sie das Wasser zu Dunst macht.
Nun denken wir uns einmal solch ein kleines, ungeheuer klei¬
nes Wasserteilchen auf seiner Reise durch die Luft! Es steigt höher
und höher, und je höher es fliegt, um so größer wird der Kreis,
den es überschauen kann, und die Schiffe da drunten sehen aus wie
Walnußschalen. Und nun fliegt es mit dem Wind in großer Höhe
über die Meeresfläche dahin, und weil es in so großer Höhe iß,
erblickt es auch in der Ferne Land. Nun kommen aber zu unserm
Wasserteilchen noch viele hundert Millionen in die Luft hinauf ge¬
flogen und bilden eine Wolke, das ist eine große Nebelmasse, und
die Wolken werden nun vom Winde getragen. Nun kommt die
Wolke mit unserm Wasserteilchen bald in eine Gegend, da ist unten
Land, und wir sehen auf dem Lande Wälder und Wiesen, Flüsse
und Berge und Dörfer und Städte, und die Menschen sehen gar so
klein aus wie Ameisen. Endlich kommt die Wolke in eine Gegend,