Full text: [Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.)] (Bd. 3 A = Oberstufe für Knaben, (7. - 9. Schulj.))

360 
Hoch oben auf dem sternenbesetzten Himmel strahlt die Erde 
wie ein gewaltiger Mond, mit einer dreizehnmal größeren Fläche, 
als uns die Mondscheibe erscheint. Wenn die Nacht anfängt, ist 
die Erde halb erleuchtet wie der Mond im ersten Viertel; im Laufe 
der Nacht wächst sie aus ihrer Halbmondsform heraus, bis sie um 
Mitternacht voll erleuchtet ist. Wenn der Morgen sich nähert, nimmt 
die Erdscheibe nach und nach ab, und bei Sonnenaufgang zeigt sie 
sich wieder halb erleuchtet, nun wie der Mond im letzten Viertel. 
Während der Nacht dreht die Erde sich vierzehnmal um ihre Achse 
und zeigt dabei ebensoviel mal alle Teile ihrer Oberfläche, ihre 
Meere, Festländer und Inseln. Während der ganzen Mondnacht, 
und überhaupt zu jeder Zeit, steht die Erde so gut wie unbeweg¬ 
lich auf demselben Punkte des Himmels. Weil der Mond immer 
dieselbe Seite der Erde zukehrt, so wird man auf dem Monde stets 
die Erde einen und denselben Platz am Himmel einnehmen sehen. 
Die Sonne, die Planeten und alle andern Sterne gehen auf dem 
Monde alle vierzehn Tage einmal aus und unter; die Erde allein 
steht ruhig auf ihrem Platze, sie geht weder auf noch unter. 
Die Sterne auf dem nächtlichen Himmel des Mondes sehen 
wir in ganz denselben Stellungen, die wir von der Erde aus kennen. 
Wir finden sowohl den Wagen als das Siebengestirn unverändert. 
Die Sterne aber funkeln nicht wie ans der Erde, denn dieses Fun¬ 
keln rührt nur von der Atmosphäre der Erde her. Ganz bis zum 
Horizonte hinab strahlen die Sterne mit ungeschwächtem Glanze; der 
Erdschein verlöscht weder den schwachen Lichtgürtel der Milchstraße, 
noch verhindert er, daß selbst die kleinsten Sterne gesehen werden 
können. Und eins fehlt auch dein Nachthimmel des Mondes; nie fährt 
eine Sternschnuppe über den dunklen Grund, nie unterbricht das 
schnelle Auflodern einer Feuerkugel die Ruhe des Firmaments. 
Ringsumher ist die Landschaft von dem Schein der Erde hell 
erleuchtet, dreizehnmal stärker, als wir auf der Erde den Vollmond 
leuchten sehen. Wir sehen den Fuß des Ringwalles, den Boden des 
Kraters, naheliegende und ferne Gegenstände mit gleicher Deutlich¬ 
keit; kein Nebel beschränkt die Aussicht, keine Wolke verschleiert das 
Erdlicht. Wir nehmen das Fortschreiten der Nacht dadurch wahr, daß 
wir einzelne Sternbilder im Osten langsam aufgehen sehen, während 
andere im Westen langsam untergehen; wir beobachten es aber noch 
deutlicher durch das allmähliche Abnehmen der Erde. Wir sehen, 
daß sie sich siebenmal um sich selbst dreht, ehe sie von der kreis¬ 
runden zu der Halbmondsform übergegangen ist. Die dunkle Hälfte 
leuchtet mit einem schwachen Schimmer, ein Widerschein von dem 
Lichte, das der Mond auf die Erde wirft.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.