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europäischen Handelsleute Kongu oder Kongo machten. Der als „Kongo"
bezeichnete Tee stammt also nicht etwa vom Kongo, sondern heißt soviel
als „gerollter Tee".
Nun werden die Blätter in baumwollene Säckchen gestopft und diese
in durchlöcherte Kisten oder Fässer geworfen. Dann springen die Arbeiter
hinein und treten und kneten die Säckchen, ähnlich wie die Italiener und
Spanier die Weintrauben, so lange, als aus den Öffnungen noch der
Saft der Blätter, eine klebrige, ölige Flüssigkeit, herausläuft. Auf diese
Weise wird ein großer Teil des bitteren Tanningehaltes entfernt und
das Gewicht der Blätter auf etwa ein Viertel verringert.
Nun sind die Blätter für das Feuern reif. Dies geschieht in
manchen Gegenden von den Teebauern selbst, oder sie verkaufen die
Blätter, nachdem sie einige Stunden in Körben einer leichten Gärung
ausgesetzt wurden, den Händlern der großen chinesischen Teekanfleute.
Diese ziehen Ende April und Anfang Mai durch die Teedistrikte und
kaufen den Bauern ihre Ernten ab. Großer Grundbesitz ist in China eine
Seltenheit. Jeder Bauer hat ein kleines Stückchen Land, höchstens einige
Morgen groß, auf dem er seinen Tee, Reis, Getreide, Bohnen und
Gemüse selbst zieht. Den Überschuß verkauft er an die Händler. Diese
senden den Tee nach ihren „Hongs" oder Warenhäusern, und dort erfolgt
die weitere Zubereitung. Die Blätter werden von halbnackten Chinesen
ans heiße Eisenpfannen geworfen und dort unter fortwährendem Umrühren
erhitzt; dann breitet man sie ans große Bambusrohrtische aus und drückt
nochmals durch Kneten mit der Hand die vorhandene Feuchtigkeit aus.
Dieses Erhitzen, Rollen und Trocknen wird mehrmals wiederholt, bis die
Blätter vollständig gedörrt sind und eine dunkle Farbe angenommen
haben. — Blätter verschiedener Ernten werden in den „Hongs" auch
gemischt; dann werden ihnen auch, um verschiedene Teesorten zu erzeugen,
mancherlei wohlriechende Blüten zugesetzt, und der „grüne" Tee wird
überdies noch einer Behandlung mit Preußischblau und Gipsmehl unter¬
worfen, um ihm eine schönere Färbung zu geben.
Wir europäischen Teetrinker machen uns kaum eine Vorstellung von
der unendlichen Sorgfalt und Zartheit, welche alle diese Zubereitungen
erfordern. Wohl stehen den Zopfträgern des Reiches der Mitte jahr¬
hundertelange Erfahrungen zu Gebote, aber doch bleibt die Teeindustrie
die schwierigste aller chinesischen Industrien. Durch Generationen hat sie
sich ohne irgendwelche Neuerungen fortvererbt, und geradeso wie die
Urgroßväter, so machen auch die Enkel ihre Teearten nach denselben Vor¬
schriften. Indier wie Japaner, die den Tee von den Chinesen über¬
nommen haben, verwenden praktische, vorzüglich arbeitende Maschinen;
größere Länderstrecken sind durch Gesellschaften oder einzelne zu einem
Betrieb vereinigt worden, und der Wettbewerb dieser beiden Länder
bedroht den chinesischen Teemarkt in der empfindlichsten Weise; allein die