Metadata: Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte (Band 1)

II. Otto I., der Große. 7. Ottos I. letzte Regierungszeit, Tod und Charakter. 305 
Gegenwart der kaiserlichen Familie und vieler Fürsten des Reiches; die Erz¬ 
bischöfe Gero von Köln und Adalbert von Magdeburg, von einer zahlreichen 
Geistlichkeit umgeben, verrichteten am Grabe den letzten Dienst der Kirche. 
Der Sarkophag erhielt in lateinischer Sprache die Inschrift: 
König und Christ war er und der Heimat herrlichste Zierde, 
Den hier der Marmor bedeckt: dreifach beklagt ihn die Welt. 
Otto hinterließ Adelheid als Witwe zwei Kinder, den jungen Kaiser 
Otto II. und die Äbtissin Mathilde von Quedlinburg; die anderen Kinder 
Adelheids von Otto waren früh gestorben. Editha und ihre beiden Kinder 
Lindolf und Liutgarde waren Otto vorangegangen. Auch von seinen Brüdern 
hatte ihn, den Erstgebornen, keiner überlebt, und doch hatte auch er kein so 
hohes Alter erreicht. Er starb, nachdem er das einundsechzigste Jahr voll¬ 
endet hatte, im siebenunddreißigsten Jahre seines Königtums, im zwölften 
seiner kaiserlichen Gewalt. 
Sein Tod war ein Weltereignis; denn schon die Zeitgenossen hatten 
die gewaltige Bedeutung des Mannes erkannt und gaben ihm den Beinamen 
des Großen. Überall mußte man den Verlust des mächtigen Fürsten fühlen, 
in nächster Nähe wie in weitester Ferne. Wie tief trauerte Sachsen, das 
unter ihm zn früher, nie geahnter Blüte gediehen war. Man sah es als 
eine besondere Fügung an, daß selbst die Erde diesem Könige neue Schätze 
gespendet hatte und damals in Sachsen das erste edle Metall in den Gruben 
zu Goslar gesunden wurde. Sachsens goldene Zeiten hießen bald die Tage 
seiner Regierung, und die Alten wurden nicht müde, der Jugeud die Herrlich¬ 
keit jenes goldenen Zeitalters zn preisen. 
Weiter aber schlich durch alle Gaue des deutschen Landes die Trauer¬ 
klage um den deutschen Kaiser. Wer hätte es nicht gewußt und bedacht, 
daß durch seine Mannheit und Klugheit allein das Volk zum ersten des 
Abendlands erhöht war und die Geschicke der lateinischen Christenheit in 
seinen Händen trug, daß die lange daniedergehaltene, aber noch ungebrochene 
Kraft Deutschlands durch ihn erst wieder sich freigemacht und aufgerafft hatte! 
Hatte denn nicht die römische Kaiserkrone auf seinem Haupte gestrahlt und 
er auf demselben Throne gesessen, den einst der mächtige Frankenkönig un¬ 
vergeßlichen Andenkens, Karl der Große, eingenommen hatte! Rom bebte vor 
ihm, und die Päpste waren die Diener seines Willens; selbst das starre Byzanz 
hatte zuletzt doch seiner Forderung weichen müssen. 
Und nicht seinen glänzenden Thaten allein, auch seiner Person galt die 
Bewunderung, die er in der letzten Zeit seines Lebens und nach seinem Tode 
genoß. Im Äußern dem Vater ähnlich, erschien er als ein Mann von 
stattlichem und breitem Wuchs voll königlicher Würde, sein Haupthaar, das 
er kurz zu schneiden Pflegte, hier und da ins Graue fallend, feine Augen 
leuchtend und von aufblitzendem Glanze, die Gesichtsfarbe rötlich. Den Bart 
trug er länger, als es die Sitte der Väter gewesen war, und bei diesem 
seinem Barte pflegte er, wie noch die Sage meldet, zu schwören. Ihn selbst 
nannte man wohl zuweilen einen Löwen. So wird, als der Kaiser einst 
in St. Gallen während des Gottesdienstes seinen Stab fallen ließ, dem 
jüngeren Otto das Wort zugeschrieben: „Mich wundert, daß ihm, der das 
Bilder a. d. Gesch. d. deutschen Volkes. I. 20
	        
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