Full text: (Achtes und neuntes Schuljahr) (Teil 4 für Kl. 2 u. 1)

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I. Der Überfall im Wildbad. 
1. Zn schönen Sommertagen, wenn lau die Lüfte weh'n, 
Die Wälder lustig grünen, die Gärten blühend steh'n, 
Da ritt aus Stuttgarts Toren ein Held von stolzer Art, 
Graf Eberhard der Ereiner, der alte Rauschebart. 
2. Mit wenig Edelknechten zieht er ins Land hinaus; 
Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht's auf blut'gen Strauß: 
Ins Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entspringt, 
Der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieder jüngt. 
3. Zu Hirsau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein 
Und trinkt bei Orgelschalle den kühlen Klosterwein. 
Dann geht's durch Tannenwälder ins grüne Tal gesprengt, 
Wo durch ihr Felsenbette die Enz sich rauschend drängt. 
4. Zu Wildbad an dem Markte, da steht ein stattlich Haus, 
Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus; 
Dort steigt der Graf vom Rosse, dort hält er gute Rast, 
Den Quell besucht er täglich, der ritterliche Gast. 
5. Wann er sich dann entkleidet und wenig ausgeruht 
Und sein Gebet gesprochen, so steigt er in die Flut; 
Er seht sich stets zur Stelle, wo aus dem Felsenspalt 
Am heißesten und vollsten der edle Sprudel wallt. 
6. Ein angeschossener Eber, der sich die Wunde wusch, 
Verriet voreinst den Jägern den Quell in Kluft und Busch; 
Run islls dem alten Recken ein lieber Zeitvertreib, 
Zu waschen und zu strecken den narbenvollen Leib. 
7. Da kommt einstmals gesprungen sein jüngster Edelknab': 
,,Herr Graf! es zieht ein Haufe das ob're Tal herab; 
Sie tragen schwere Kolben; der Hauptmann führt im Schild 
Ein Röslein rot von Golde und einen Eber wild." 
8. „Mein Sohn! das sind die Schlegler! die schlagen kräftig drein, 
— Gib mir den Leibrock, Junge! — das ist der Eberstein; 
Ich kenne wohl den Eber, er hat so grimmen Zorn, 
Ich kenne wohl die Rose, sie führt so scharfen Dorn."
	        
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