Full text: (Achtes und neuntes Schuljahr) (Teil 4 für Kl. 2 u. 1)

Kanzler und ebenso Moltke, der den um 8 Uhr morgens von Ven- 
dresse aufgebrochenen Bundesfeldherrn unterwegs getroffen, ihm den 
Kapitulationsentwurf vorgelegt und die königliche Zustimmung erlangt 
hatte. Auch der General Wimpffen, der um 10 Uhr von Sedan her- 
geritten kam, wurde nach dem Schlößchen gewiesen. Als er daselbst 
angekommen, sah er den Wagen des gefangenen Kaisers vor dem 
schmalen Mittelgebäude vorfahren. Der General grüßte Napoleon und 
fragte: ,,Sire, was haben Sie erreicht?" — „Nichts. Zch habe den 
König noch gar nicht gesehen." — „Dann ist es die höchste Zeit, daß ich 
die Kapitulation zum Abschluß bringe." Damit trat er in das Zimmer, 
wo Bismarck und Moltke ihn erwarteten. Der Kapitulationsentwurf, 
wie ihn die Sieger aufgesetzt hatten, wurde vorgebracht und von Moltke 
und Wimpffen unterzeichnet. Als das geschehen, ging der französische 
General wieder zu dem gefangenen Kaiser hinüber. „Sire, alles ist zu 
Ende." Weinend drückte ihm Napoleon die Hand. 
Während nun Wimpffen nach Sedan zurückeilte, um die durch die 
Kapitulation nötig gewordenen Maßnahmen zu treffen, machten sich 
Bismarck und Moltke zum König auf. Sie trafen ihn um 12 Uhr 
auf der Anhöhe von Donchery, wo am Tage zuvor der Kronprinz seinen 
Stand gehabt hatte, und überreichten ihm die unterfertigte Kapitulations- 
urkunde. Es war ein großer Augenblick. Der Bundesfeldherr stand mit 
seinem Sohne im Vordergrund, eine große Anzahl von Fürsten und 
Prinzen um ihn her, im Halbkreis Generale und Diplomaten, noch 
weiter zurück das Gefolge. Generalleutnant von Treskow entfaltete die 
Urkunde und las sie vor. 
„Sie wissen nun, meine Herren," sprach der König nach beendigter 
Lesung, „welches große geschichtliche Ereignis sich zugetragen hat. Ich 
verdanke dies den ausgezeichneten Taten der vereinten Heere, denen 
meinen Dank auszusprechen ich gerade bei dieser Veranlassung mich 
gedrungen fühle, umsomehr, als diese Erfolge wohl geeignet sind, 
den Kitt noch fester zu gestalten, der die Fürsten des Norddeutschen 
Bundes und meine übrigen Verbündeten, deren fürstliche Mitglieder ich 
in diesen: großen Augenblick zahlreich um mich versammelt sehe, mit uns 
vereinigt." 
Bei diesen Schlußworten gab der Bundesfeldherr dem Prinzen 
Luitpold von Bayern und dem Prinzen Wilhelm von Württemberg die 
Hand.
	        
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