Kaiser Friedrich UI.
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Mannschaften zu gewinnen, und diese Mitarbeit an der Einigung des
Deutschen Reiches und Volkes hat er bis an den Abend seines Lebens
fortgesetzt.
3. Nach dem Frieden von 1871 legte er die Wehr, welche er zum Schutze
und zum Ruhme des Vaterlandes geführt hatte, nieder und arbeitete als
der erste Bürger des Staates mit an den Werken des Friedens. Er liebte
die Wissenschaften und mehr noch die Künste, und sein kaiserlicher Vater ging
huldreich auf die Neigungen seines Sohnes ein. So ernannte er ihn noch
im Laufe des Jahres 1871 zum Protektor der Königlichen Museen und
eröffnete ihm dadurch ein Feld interessanter und wirkungsvoller Tätigkeit.
Durch seine Fürsorge haben unsre Museen und die Nationalgalerie einen
ganz neuen Aufschwung gewonnen. Zugleich ließ er sich im Verein mit
seiner Gemahlin die Hebung des Gewerbfleißes in allen seinen Formen, des
Handwerks und des Kunstgewerbes, angelegen sein.
Sein Interesse erstreckte sich von den einfachen Fortbildungsschulen,
welche er gern und oft besuchte, bis zu dem prachtvollen Königlichen Kunst—
gewerbe⸗Museum. Schon ein Jahr nach seiner Heimkehr aus Paris hatte er
eine Kunstgewerbe-Ausstellung zu Berlin veranlaßt, damit die Berliner
wüßten, was sie an Schätzen des künstlerisch gerichteten Gewerbfleißes in
ihrer Heimat besäßen. Am 21. November 1881, dem Geburtstage seiner
hohen Gemahlin, weihte er das neuerbaute Kunstgewerbe-Museum ein.
Als ein echter Sohn seiner Mutter war er redlich bemüht, den Armen
zu helfen und wohlzutun, soweit seine Mittel und sein Einfluß irgend
reichten. Es galt ihm als die köstlichste Feier seiner silbernen Hochzeit, daß
ihm und seiner Gemahlin zu diesem Tage eine Festgabe des deutschen Volkes
im Betrage von 800 000 Mark zur Verwendung für wohltätige Zwecke
übergeben wurde. Die Arbeiterkolonien, der Verein für häusliche Gesund—
heitspflege, die Ferienkolonien, das Viktoriahaus für Krankenpflege und viele
andre Stiftungen haben seiner Unterstützung unendlich viel zu danken gehabt.
Erwähnt muß noch seine Liebe für die Schule werden. Ihm war die
Pflege der Schule eine Gewissens-, ja eine Herzenssache. Er wußte, was
für das Volksleben die Erziehung der heranwachsenden Jugend bedeutet,
und wie er sich dem ganzen Volke innerlich verbunden fühlte, so sah er in
der Sorge für dessen Kinder nur eine Erweiterung derjenigen, welche er für
sein eigenes Haus trug. Er war gern in Schulen, und wo er sie besuchte,
prüfte er mit warmem Herzen, aber mit offenem Auge. Wir wissen, wie
er einmal in Bornstedt selbst unterrichtet hat; wir haben ihn in Gym—
nasien, Seminaren, in der Turnlehrer-Bildungsanstalt, in den Berliner Fort⸗
bildungsschulen gesehen. Eine besondere Teilnahme aber wendete er dem
Unterrichte der Mädchen zu, und hier wiederum war sein Streben darauf