Vierter Abschnitt.
Bilder aus dem Karltngtfchen
Weltreiche.
1. Die Wersönlichkeil Karts des Aroßen.
Karl Lamp recht, Deutsche Geschichte. 2. Band. 23erlitt 1892.
Nach dem Aufstand der Pariser Kommune im Jahre 1871 zog man aus
den Trümmern des eingeäscherten Hotel de Bille eine Bronzestatuette hervor,
kaum ein viertel Meter hoch, unscheinbar
durch Alter und Zerstörung mancher Einzelheit.
Genauere Untersuchung ergab als unzweifelhaft,
daß in ihr das einzige glaubhafte Bild Karls
des Großen auf unsere Tage gekommen.
Die Statuette stellt den Kaiser zu Pferde
dar, ganz im Sinne jener antiken Reiterbilder,
von denen das Standbild Marc Aurels auf
betn Kapitol eine Vorstellung giebt. Auf kräftig
gebautem Roß sitzt Karl zuversichtlich unb
majestätisch in ber von seinem Biographen Ein¬
harb geschilberten nationalen Staatstracht. Die
Füße bebeckeu ebelsteingeschmückte Schuhe; über
ihnen erscheinen bie Waden in der für fränkische
Kleidung bezeichnenden Umschnürung kreuzweise
gelegter Binden; von der Schulter fällt wallend
über Rock und Schenkel und Schwertgehenk der
Mantel herab; das Haupt wird gekrönt durch
einen Goldreif mit reichem Besatz von Edel¬
steinen und Perlen. Die linke Hand führt,
weit vorgestreckt, doch vollumfassend, den Reichs¬
apfel, die rechte mag einst die königliche Lanze
gehalten haben. Alles atmet Kraft an dem
wuchtigen Körper; neben das Roß gestellt,
würde der Reiter dasselbe um fast doppelte
Kopfeslänge überragen.
Und herrlich sitzt das Haupt auf diesem
Körper. Herrschgewohnt, erhabenen Blickes Karl der Große. (Gleichzeitiges Erz-
r r , , - >r • L- er r vre brldnis aus der Aachener Gießhütte,
schaut der Kaiser m die Ferne, so daß der früher in Metz, jetzt in Paris.)
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