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lust, der derben Aufrichligkeit und der Gottesfurcht. In ihrem ganzen
Gebaren gibt sich etwas Freies, Selbstbewußtes und dabei Wohlanstän¬
diges kund, das auf den Fremden nur angenehm wirkt. Es ist himmel¬
weit verschieden von dem rohen und frechen Betragen, das man oft in
den Fabrikstädten findet. Die berüchtigten Messerhelden gedeihen in den
einsamen Berggehösten nicht. Wo aber ein ehrliches, deutsches Drein¬
schlagen erforderlich ist, da hat der bergische Mann oft genug bewiesen,
was er für seinen Herd und sein Vaterland zu leisten vermag. Der
bergische Schlachtruf in der Worringer Schlacht! „Heia! Romerike
Berga!" (Ruhmreiches Berg!) ist im Verlaufe der Geschichte öfter zur
Wahrheit gemacht worden. Ja, die Faust, die den Stahl so meisterhaft
zu bearbeiten versteht, weiß ihn auch kräftig und geschickt zu führen.
Peter Hahn, der biedere Schmied zu Solingen, ist nicht nur der Held
eines bekannten schönen Gedichts, er war auch in der Wirklichkeit ein
tatkräftiger Patriot, ein Vaterlandssreund. Er war das Urbild eines
echten bergischen Mannes.
234. Solingen uncl KemlcKeict. von c. serger.
Lesebuch von Gabriel und Supprian. Yelhagen & Klasiug. 1901.
^ TT%er nach Solingen oder Remscheid will, der muß ein gut Stück
Weges bergan schreiten; denn diese Städte liegen aus hohen
Bergrücken, die den Spiegel der Wupper um 100 bis 2OO m über¬
ragen. Es weht darum eine frische, gesunde Luft da oben; aber es
wohnt dort auch ein betriebsames Geschlecht. Schon seit den ältesten
Zeiten blüht hier die Schmiedekunst; die beiden Städte sind der Hauptsitz
der deurschen Kleineisen-Jndustrie. Während in Solingen alle Arten
von Schwertern, Messern und Scheren hergestellt werden, befaßt sich
Remscheid mit der Fabrikation von Werkzeugen aller Art.
Das vornehmste und älteste Gewerbe in Solingen ist die Schwert-
fabrikation. Die Schwertschmiede bildeten früher eine erbliche Zunft,
die eifrig über ihre Rechte wachte. Sie galt als höchst ehrenvoll, und
selbst Adelige bewarben sich darum, in sie ausgenommen zu werden.
Jetzt ist das Gewerbe einem jeden offen. Und noch immer steht es in
schönster Blüte. Die Solinger Klingen sind von unnachahmlicher Güte;
man versteht sie so gut zu härten, daß sie Eisen durchhauen können,
ohne eine Scharte zu bekommen. Daher kommt es, daß fast alle Armeen
der Welt aus Solingen ihre blanken Waffen beziehen. Die Kunst,
Schwerter zu schmieden, ist indes keineswegs so einfach. Ein Schwert
wandert durch viele Hände, ehe es in den Laden des Kaufmanns gelangt,
und jede übt daran ihre Geschicklichkeit. An ihm arbeiten der Schmied,
der Härter, der Schleifer, der Griffmacher, der Reider und der Schwert-