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Pommer tat einen Schlnck ans dem Krnge nnd erzählte weiter: „Es
war nach der Schlacht von Champigny, in der die Württemberger sich
so brav nnd tapfer gehalten hatten nnd nnr von der Übermacht znrück-
gedrängt worden. Da wird bei nns zum Avancieren geblasen. Meine
Kompagnie mnßte ansschwärmen, nnd ich snchte mir Deckung, daß ich
bequem schießen konnte. — ,Jetzt gilt's, Jnngens/ sagte unser Haupt-
mann, als die Franzosen immer mehr herauskamen, ,bie müssen auf¬
gehalten werden, bis die Kameraden heran sind. Schießt zu, was das
Zeug halten iuist!‘ Ich schüttete meine Patronen vor mich hin, alle
rechts, daß ich nur so zuzugreifen brauchte, und schoß los. Da kamen
aber immer mehr Franzosen heraus; dem Oberst wurde die Sache be¬
denklich, und er ließ zum Zurückgehen blasen. Ich höre das, denke aber:
Einpacken die Patronen alle, ist auch nicht angenehm, und liegen lassen
das liebe Gut kannst du auch nicht — also du läßt den Kerl blasen und
verschießt deine Patronen; dann kannst du dich immer noch auf die Hacken
machen. Ich bin so recht im Schießen, da kommt unser Adjutant her¬
gesprengt und schreit: ,Kerls, zurück? Habt ihr denn keine Ohren?' —
,Ach was/ sag' ich und drehe mich so halb rechts herum, sich nnii' nur
erst die Patronen verschießen.' Und fort war der Adjutant und nichts
mehr zu sehen. Zuletzt war ich ganz allein und vor mir alles rot von
Franzosen, kaum zwanzig Schritt weit. Wie ich die letzte Patrone ver¬
schossen, da denke ich: Nun aber ist's hohe Zeit, daß du dich wegmachst.
Ich nehme also die Hacken unter die Beine und springe wie ein Hirsch
hinter dem Regiment her. Die Franzosen schossen mir nach, das war ein
Hagelwetter, aber alles zu hoch, und ich komme ganz munter beim Regiment
an. Wie ich eintreten will, seh' ich den Adjutanten mit dem Oberst par¬
lieren und mit der Hand ans mich deuten. Da denk' ich: Aha, jetzt
gibt's was in die Kreide von wegen mir und dem Nichtparieren.
Unser Oberst war ein kreuzbraver Mann; der kommt auf mich zu¬
geritten, lacht über das ganze Gesicht und sagt: ,Kerl, sind deine Knochen
noch alle beieinander?' — .Zu Befehl, Herr Oberst!' sage ich. Da lachte
er wieder und sagt: ,Na, Kerl, da kannst du mehr als Brot essen.' Ich
denke: Na, diesmal ist die Sache glatt abgelaufen, und dem Adjutanten
seine Planscherei hat doch nichts genützt."
2.
„Da hieß es am folgenden Tage plötzlich: ,Seine Majestät der König
kommt!' Na, das war eine Freude, als der alte Herr kam. Er fuhr
vorbei, und ich hatte mir schon so ein paar Kartoffeln verwahrt; denn
ich hatte einen heidenmäßigen Hunger. Da kommt plötzlich unser Adjutant
auf mich hergesprengt und sagt, ich solle ans der Stelle zu Seiner Majestät
kommen. Na, ich denke, der Schlag soll mich rühren; aber ich sammle
mich wieder und sage: ,Zn Befehl! Ich habe ja nichts Böses begangen.'