Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

und obersten Kriegsherrn einladet, ward auch auf der Saalburg mit 
eifrigen Vorbereitungen für eine würdige, heitere Feier ausgefüllt. Das 
Prätorium, die Baracken der Soldaten, die Türen und Fenster der statt¬ 
lichen Villa, die Wohnhäuser der ausgedehnten bürgerlichen Niederlassung 
werden mit Kränzen und Laubgewinden geschmückt. Jeder Soldat legt sein 
bestes Lederzeug zurecht, putzt feinen Helm, die Verzierungen des Schildes 
und die Waffen blank und macht die metallenen Ehrenzeichen zurecht, die, 
an Lederstreifen aufgereiht, manchem im Dienste ergrauten Zenturio die 
narbeureiche Brust fast ganz bedecken. Bildsäulen des Genius der Zenturien, 
die als fegen- und siegeverleihende Gottheiten in den Lagergasfen aufgestellt 
find, tragen Blumenkränze auf dem Haupte. 
Die Frauen der Offiziere wollen in feinster Toilette erscheinen. Nach¬ 
dem sie ihr Haar sorgfältig gekämmt und mit wohlriechendem Öle gesalbt 
haben, scheiteln sie es sorgfältig vor einem Metallfpiegel oder Glasspiegel 
mit Goldfolie. Sie legen goldene Ohrringe an, schmücken den Hals mit 
kleinen Ketten, die Finger mit Ringen; ein Armband aus blauem Glase 
ziert den Arm. Gewandnadeln mit schöner Emailverzierung halten das 
Gewand auf der Schulter zusammen. Den Fuß schmücken Sandalen, deren 
Lederriemen durch eingepreßte Goldornamente und durch einen gelben Topas 
verziert sind. 
Jetzt ertönt der durchdringende rauhe Klang der Tuba im Kastell und 
verkündet den Beginn des religiösen Teils der Feier. Im Hofe des Prä- 
toriums haben sich sämtliche Offiziere versammelt. Auserlesene Mannschaften 
marschieren in festem, taktmäßigem Schritt herein und stellen sich dem kleinen, 
tempelähnlichen Fahnenheiligtume an der Ostseite des Prätoriums gegenüber 
auf. Die Türflügel der Kapelle sind weit geöffnet. An der Hinterwand 
find die signa der Kohorte sichtbar, davor die Büsten des Kaisers und der 
Kaiserin, der „Mutter des Lagers". Von einem Altar steigt der Dampf 
von Weihrauch empor. In einem formelhaften Gebete, währenddessen die 
Umstehenden andächtig die Hände zum Himmel erheben, wird Jupiter 
Optimus Maximus angefleht um seinen Schutz für den Kaiser, den Vater 
des Vaterlandes, und für das ganze Kaiserhaus, und der Kriegsgott Mars 
wird angerufen, alle Feinde des zu ewiger Dauer bestimmten Römerreichs 
niederzuwerfen. Darauf wird ein feierliches Opfer gebracht. Inzwischen 
haben sich die Truppen auf der fast 10 Meter breiten via principalis in 
Parade aufgestellt. Der Höchstkommandierende besteigt den Suggestus, er¬ 
mahnt die Soldaten in einer Ansprache zu unverbrüchlicher Treue gegen 
den Kaiser und fordert sie zu einem Heilrufe zu Ehren des Herrschers auf. 
Damit schließt der amtliche Teil der Feier. 
Zur Unterhaltung der Mannschaften find inzwischen mancherlei Vor¬ 
bereitungen getroffen worden. — Die ovale Reitbahn nördlich vom Prü- 
torium ist von hölzernen Gerüsten umgeben, die mehrere Reihen stufenweise 
aufsteigender Bänke tragen. Auf diesen Sitzplätzen drängen sich Soldaten
	        
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