Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

Sangesweisen hinaus in die Waldesnacht des Taunus, eine ernste Mah¬ 
nung, daß die kräftigen Söhne Germaniens sich dem Römertum nicht für 
immer unterordnen, daß sie bald als freiheitsliebende Männer das Joch ab¬ 
schütteln und die Fremdlinge von ihrem angestammten Boden vertreiben werden. 
204. Me es um Obrilti Geburt in einem cteutlcben 
Hause zuging. Von eottboid kuc. 
Die alten Deutschen. 2. Auilage. Gütersloh 1903. 8. 34. 
.rüh am Morgen erhob sich die fleißige Hausfrau, um den nötigen 
^j Luftzug für das Herdfeuer zu schaffen, indem sie Windauge (eine 
viereckige Öffnung im Dache, durch die der Rauch abzog) und Tür 
öffnete. Früh begann sie als unermüdliche Herrin, als treue Gattin, 
als strenge, verständige Mutter, als kluge, wachsame Gebieterin über das 
Gesinde, für das Wohl des ganzen Hauswesens zu sorgen und zu schaffen. 
Spät dagegen verließ in Friedenszeiten der Hausherr, wie jeder freie 
Germane, sein Lager, um zunächst ein warmes Bad zu nehmen. Eine 
Wanne, die in die Nähe des Herdes gestellt und von diesem aus mit 
dem nötigen Wasser versorgt wurde, bildete dabei die ganze Zurüstung. 
Neben den warmen Bädern waren zwar die kalten Bäder in den Flüssen 
ebenso beliebt, aber das warme Bad im Hause gehörte zur Leibesnotdurft 
und wurde deshalb auch jedem Fremden, der als Gast das Haus betrat, 
als erste Wohltat angeboten. 
Nach dem Frühbade nahm man einen Imbiß ein, meist aus Hafer¬ 
brei bestehend, um die Nüchternheit zu vertreiben. Hierbei wie bei der 
Hauptmahlzeit hatte, wie es scheint, jeder seinen besonderen Sitz und 
Tisch. Bei festlichen Schmausereien saßen etwa je vier bis fünf an 
einem Tisch. War der Imbiß beendet, so ergriff der freie Mann, nach¬ 
dem er sich angekleidet und Haupthaar und Bart sorgfältig geordnet 
hatte, Speer und Schild und ging mit Muße seinen Geschäften nach. 
Vielleicht war seine Gegenwart bei der Ratsversammlung des Gaues, 
in dem er wohnte, nötig, oder eine Gemeindeangelegenheit sollte beim 
Dorfältesten beraten werden. Wenn nicht, so gab es wohl am Haus 
oder am Hofzaun zu bessern, wobei der Herr selber nur selten zugriff, 
vielmehr die Knechte anwies, lobte oder zum Fleiße antrieb. Oder er 
schaute eine Weile mit behaglichem Lächeln den Kriegsspielen seiner 
Knaben zu, oder er ging hinaus aufs Feld, den Stand der Saaten zu 
prüfen, oder auf die Viehweide, um sich am Anblick seiner Pferde, 
Rinder, Schafe und Schweine zu freuen, vielleicht auch, um einem Gaste 
selbstgefällig die stattlichen Herden zu zeigen. Oder er zog mit Hunden 
und Knechten in den grünen Wald, dem edlen Weidwerk obzuliegen, den 
Bären aufzuspüren, der neulich ein Kalb geraubt, den Wolf zu fällen, 
der unter den Schafen Verheerung angerichtet, den Ur zu erlegen, der
	        
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