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Begnadigung eintreten; auch erfahren wir nicht, daß auch nur
an einem Schuldigen die Todesstrafe vollstreckt worden wäre.
Nur einer durfte auf Begnadigung nicht rechnen, das
war Bernhard Ryke. Sobald er seine Sache verloren sah,
trennte er sich blutenden Herzens von der Vaterstadt. Unerkannt
gelangte er zum Tore hinaus und schlug die Heerstraße nach
Sachsen ein. Bei Herzog Friedrich dem Sanftmütigen von
Sachsen fand er eine Zufluchtsstätte. Der Herzog lebte mit
Friedrich II. in alten Streitigkeiten, welche den Besitz von
Grenzländereien betrafen, und deshalb nahm er den Bürger,
welcher dem Vernichter der Freiheiten seiner Vaterstadt tödliches!
Haß geschworen hatte, als Rat in seine Dienste. Dies Ansehen,
das Bernhard Ryke auf fremder Erde fand, beschleunigte seinen
Untergang.- Ein unbekannter Edelmann aus Friedrichs Gefolge
glaubte sich den Dank des Fürsten zu verdienen, wenn er den
Bürgermeister tötete. Auf den Höhen des Flämings, wo die
magere Heide auf gelbem Sande sächsisches und brandenburgisches
Gebiet scheidet, wurde Bernhard Ryke noch im Jahre 1448
von vermummten Reitern überfallen. Er wehrte sich tapfer
seines Lebens und schlug sich durch. Sein gutes Roß trug ihn
nach Wittenberg. Dort aber erlag er den erhaltenen Wunden
und wurde in der Stadtkirche beigesetzt.
Mit Bernhard Ryke erlosch der Trotz und das stolze Rechts¬
bewußtsein des Berliner Patriziats; spätere Geschlechter fanden
sich besser in die neue Staatsweisheit, nach welcher die Zollern
zum Segen des engeren und weiteren Vaterlandes zwischen
Elbe und Oder regierten. Die Mehrzahl der im Jahre 1448
geächteten Familien zeichnete sich später im Dienste der Stadt
Berlin und des brandenburgischen Staates aus; selbst die Familie
Ryke erlangte ihr Lehen wieder und hat lange Zeit noch auf
Rosenfelde, jetzt Friedrichsfelde, geblüht, bis sie um 1620 ausstarb.
In Bernhard Ryke haben wir eine jener trotzig auf ihr
verbrieftes Recht pochenden Naturen kennen gelernt, wie sie das
Mittelalter öfter aufweist, einen Mann von redlichem Willen
und fester Kraft, erfüllt von Liebe für die Vaterstadt. Daß
er in seinem zähen Widerstände gegen Friedrich den Eisernen
die wohlgemeinte Absicht des Fürsten verkannte, war ein Fehler,
den er mit der Mehrzahl seiner Mitbürger teilte. Erst viel
spätere Geschlechter haben es erkennen gelernt, daß der Vorteil
des einzelnen dem Wohle des Ganzen nachstehn muß.