Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

356 
222. EüTtrin und die HokenzoUern. von m. von Bremen. 
Daheim, Jahrgang 1803. Nr, 47. 8. 19. Gekürzt. 
Vjj^en auf hoher Bogenbrücke die Eisenbahn über den breiten Oder- 
-¿U ström führt, dort, wo die Warthe ihre Fluten mit diesem ver¬ 
einigt, der erblick:, hart am rechten Ufer der Oder gelegen, ein hohes, 
altes, graues Schloß mit festen Ecktürmen, das gar manchen Kriegs¬ 
stürmen mehrfach getrotzt hat. Von einem Hohenzollernsürsten erbaut, 
hat es die beiden größten Söhne dieses Geschlechts jahrelang in seinen 
festen Mauern beherbergt. 
Aus der Zollstätte polnischer Herzöge für den lebhaften Handels¬ 
verkehr von Schlesien und Polen nach der Ostsee entstand hier um die 
Mitte des dreizehnten Jahrhunderts ein Marktflecken, der später zwar 
mit Stadtrecht versehen wurde, doch fast dreihundert Jahre lang recht 
unbedeutend blieb. Da trat ein Ereignis ein, das ihm plötzlich eine un¬ 
geahnte Bedeutung geben sollte. Joachim I. von Brandenburg hatte 
entgegen dem Grundgesetz seines Hauses in seinem Testament eine 
Teilung seines Landes zwischen seine beiden Söhne Joachim und Johann 
vorgenommen. Der jüngere, Markgraf Johann, erhielt nach dem Tode 
seines Vaters 1535 die Neumark mit den Kreisen Sternberg, Züllichau- 
Schwiebus, Krossen und Kottbus als unabhängigen Staat von etwa 
200 Geviertmeilen. Er wählte nicht Soldin, das bis dahin die Haupt¬ 
stadt der Neumark gewesen war, sondern Küstrin zu seiner Residenz. 
So blieb ihm auch in der Geschichte der Name Markgraf Johann oder 
Hans von Küstrin, wie er sich selber nannte. Das in Küstrin schon 
bestehende „hohe Haus", den Sitz der Hauptleute der Neumark, ließ er 
zu dem festen Schloß ausbauen, das es seitdem geblieben ist. Schon 
1537 begann er mit der Befestigung des zwischen Sümpfen und Flüssen 
gelegenen, zur Verteidigung wohlgeeigneten Ortes. Im nächsten Jahre 
trat Markgraf Johann dem Schmalkaldischen Bunde bei. Seine Unter¬ 
tanen beeilten sich, seinem Beispiele zu folgen, so daß wider alles 
Erwarten die Reformation in die Neumark früher als in die Mark 
ihren Einzug hielt. 
Da Markgraf Johann keine Söhne hatte, so fiel nach seinem Tode 
1571 die Neumark wieder an Brandenburg. Seine Tochter Katharine 
wurde die Gemahlin Joachim Friedrichs von Brandenburg und so die 
Stammutter des preußischen Königshauses. War auch Küstrin nun 
nicht mehr Regierungssitz, so behielt es doch als starke Festung einen 
hohen Wert bei den unruhigen Zeiten, die bald folgten. So wurde es 
während des Dreißigjährigen Krieges zum Aufenthalt des jungen Kur¬ 
prinzen Friedrich Wilhelm bestimmt, um ihn den Gefahren der 
Truppendurchzüge von Kaiserlichen und Schwedischen zu entziehen. Sechs 
Jahre weilte der junge Fürst hier, und diese Zeit wurde für seine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.