körperliche und geistige Entwicklung recht bedeutsam. Von seinen wissen¬
schaftlichen Beschäftigungen wird uns wenig gemeldet, um so mehr aber
von seinen Jagden in den wildreichen Forsten der Gegend. So zeigt
uns denn auch das Standbild, das im Schloßhos zu Küstrin errichtet
worden ist, den Prinzen im Jagdkleide mit einem gewaltigen Rüden an
der Seite. Erst als Kurfürst sah Friedrich Wilhelm den Ort wieder,
nahm aber dann noch einmal zwei Jahre lang, 1643 und 1644, in
Küstrin seine Residenz, da sein Schloß in Berlin erst in wohnlichen
Stand versetzt werden mußte.
Fast hundert Jahre waren verstrichen, — da fuhren in der Frühe
des 4. September 1730 zwei Reisewagen in den stillen Schloßhof ein.
Ein junger Mann im einfachen Reiserock entstieg dem ersten und ließ
seine großen, blauen Augen über das Gemäuer streifen. Fünf Offiziere
verließen die Gefährte. Die schwere Eichentür eines Portals öffnete
sich, und man schritt eine Treppe zu einem achteckigen Turmgemach in
die Höhe, durch dessen Gitterfenster der Blick aus die Oder fiel. Ernst
und streng sah sich der älteste der Anwesenden, Oberst von Waldow,
um und trat dann in ein viereckiges Nebenzimmer, das zwei ebenfalls
vergitterte Fenster aufwies. Ein Bett, ein hölzerner Tisch, woraus die
Bibel, ein Gesangbuch und ein Erbauungsbuch lagen, zwei Stühle, ein
Waschtisch, das war die einzige Einrichtung des Zimmers. „Wollen
Eure Königliche Hoheit hier eintreten!" wendete sich der Offizier an den
noch fast knabenhaft dreinblickenden jungen Mann, der nun blaß und
zögernd folgte. Mit tiefer Verbeugung, aber schweigend verließ Waldow
das Zimmer, die Tür hinter sich schließend. Schwer rasselte der
Schlüssel. „Kapitän Graurock und Kapitän von Rothenburg, Sie ver¬
bleiben in diesem Zimmer, das Sie Tag und Nacht nicht verlassen, und
haften Sr. Majestät mit Ihrem Kopfe für die Sicherheit Seiner König¬
lichen Hoheit," lautete die Weisung des Obersten, der mit seinen andern
Begleitern das Gemach verließ. — Es war der Erbe der preußischen
Königskrone, der junge Kronprinz Friedrich, der so seinen Einzug
in Küstrin hielt. Freudearm war seine Jugend bei dem strengen Leben
im Königsschloß zu Berlin dahingegangen. Unter jüngern, leichtfertigen
Kameraden hatte er dann seinen Verkehr gesucht und war in Gefahr
geraten, wertvolle Jahre zu verlieren. Steigendes inneres Mißbehagen
hatte ihn endlich zu dem Fluchtversuch veranlaßt. Furchtbar war der
Zorn des Königs. Auf seinen Befehl wurde der Kronprinz hier in
Küstrin in strenger Hast gehalten, und vor dem Eckzimmer des Schlosses,
das als Gewahrsam diente, büßte des Prinzen bester Freund und Mit¬
wisser seines Fluchtplans, der Leutnant Katte, seine Schuld mit dem
Tode. Der Kronprinz schlug in sich und gelobte aufrichtig, fernerhin
dem Willen des Königs gehorsamlich nachzuleben und in allen Stücken
zu tun, was einem getreuen Untertan und Sohn gehöret und gebühret.