Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

„Na obe, Kinners, seht io, bat jy't got kriegt," ruft er zum Ab¬ 
schieb. „Abe, Herr," ruft ber Großknecht zurück. So verläßt er seinen 
Acker, um sich wieber bem Dorfe zuzuwenben. 
Aber nach Hause geht's noch nicht gleich. Zuvor wirb noch ein 
Stünbchen im Wirtshaus verplaubert. Da kommt benn gleich bie Rebe 
auf Wettermutmaßungen, auf ben Staub bes Winterkorns, auf bie 
schöne Saatzeit, auf Laub-, Vieh- unb Kornpreife, auf bie letzten Ver- 
orbnungen bes Amts ober ber Wasserbaubehörbe usw. Oft wirb 
auch ein Hanbel abgeschlossen, so baß man biefe Morgenzufammen- 
künste recht wohl bie Börsenstunbe ber Hausleute neunen könnte. 
Mit ber heranrückenben Mittagsstunbe geht bie Versammlung regel¬ 
mäßig auseinanber; benn zwölf Uhr ist in jebem Hause stehenbe 
Essenszeit. 
Seit einer halben Stunbe sinb auch bie Pflüger heimgekehrt, unb 
eifrig wühlen bie Pserbe in ben vollen Krippen. Von ben Lippen einer 
Magb ertönt abermals ber herzerfreuenbe Ruf: „Rinkamen! Wat 
eten!" — Alles eilt an ben „Sot" (Brunnen), Himbe unb Gesicht zu 
waschen, bann in bie Gesinbestube, wo auf blanker mächtiger Zinnschüssel 
ein wahrer Berg von Klößen, Kartoffeln unb Wurzeln unb babei auf 
einer anberen Schüssel ein paar biete, leckere Speckstreifen bampfen. Der 
Großknecht führt wie immer ben Vorsitz, schneibet Brot unb teilt ben 
Speck; ihm zunächst sitzt ber zweite Knecht, bann bie Jungen, bann bie 
Tagelöhner unb an ber anberen Seite bie Mägbe nach ber Dauer ihrer 
Dienstzeit im Hause. — In ber Wohnstube ißt bie Familie bes Hauses 
ebenfalls sehr einfache, berbe Kost, oft basselbe, was bie Leute bekommen, 
wohl etwas feiner zubereitet. 
Bis zwei Uhr ist Rastzeit; beim bie Pserbe müssen boch mit Ruhe 
fressen. Die Mägbe waschen bie Schüsseln, bie anbern Leute ruhen ober 
schlenbern umher; Vater unb Mutter schlafen ein Stünbchen, unb ber 
Sohn nimmt vielleicht ein Buch zur Hanb. 
Balb ist alles von neuem in Tätigkeit. Die Diele bröhnt wieber 
vom Takt ber Drescher, später vom rollenben Getöse ber Staubmühle; 
benn noch heute soll bas letzte reine Korn ans ben Boben. Vater unb 
Mutter sinb auch wieber ba. Gegen brei Uhr bringt bie Tochter ben 
Kaffee unb nimmt eine weibliche Hanbarbeit vor. Neben ihr sitzt bie 
wieber emsig spinnenbe Hausfrau. Der Alte schlürft behaglich zur 
langen Pfeife ben Inhalt seiner großen Geburtstagstasse, schlenbert hier¬ 
hin unb borthin unb steht wohl später mit Kreibe unb Streichholz in ber 
Hanb auf ber Diele, bas Getreibe „aufmessenb". 
So wirb's Abenb. Das Pferbegetrappel melbet bie heimkehrenben 
Ackerer, unb balb sitzen bie Leute wieber um ihre Schüssel mit ber 
Abenbmilchspeise. In Osterstabe besteht biefe Mahlzeit fast täglich aus 
Gerstengraupen, in Buttermilch bick gekocht unb mit süßer Milch über-
	        
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