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ist an dieser Stelle 1800 Fuß breit, so daß man eine halbe Vier
telstunde gebraucht, um über die Schiffbrücke zu gehen. Bei Bin-
gen dagegen wird er schmaler; denn er muß sich zwischen gewalti¬
gen Bergen hindurchdrängen, wodurch zwar einige strudelnde Stel¬
len in seinem Bette hervorgebracht werden; sie hemmen aber die
Schifffahrt seit der Sprengung der Felsen nicht mehr. Die steilen,
unten mit Reben, oben mit Wald bewachsenen Ufer gewähren mit
ihren zahlreichen, freundlichen Oertern und alten Burgen einen
schönen Anblick. Hier erhebt sich auf einem Felsen die Schlo߬
ruine Stolzenfels, welche König Friedrich Wilhelm IV. in mit¬
telalterlicher Bauart wieder hat herrichten lassen. Weiter nord¬
wärts liegt am linken Ufer des Rheins Koblenz; ihr gegenüber
die Bergfestung Ehrenbreiten stein. An dieser Stelle nimmt auf
seinem linken Ufer der Rhein die Mosel auf, welche von Frankreich
her sich durch ein enges, krummes, aber weinreiches Thal windet.
Sie ist der letzte recht schiffbare Zufluß des Rheins; denn die fast
gegenüber einmündende Lahn, die weiter unten mündende Ruhr
und Lippe können keine großen Schiffe tragen. Von der alten
Stadt Cöln ab, die durch ihren herrlichen Dom berühmt ist, wer¬
den die Ufer des Rheins flach. Dies ist noch mehr der Fall,
wenn er weiter unten in das holländische Gebiet eintritt und sich
dort in so viele Arme theilt, daß man kaum ihre Namen behält,
und daß derjenige, welchem der Name Rhein bleibt, durch einen
Kanal in das Meer geleitet werden mußte, weil sich sein Wasser
im Sande verlor. Der größte Arm vereinigt sich mit einem aus
Frankreich und Belgien kommenden Flusse, der Maas, worauf sie an
Rotterdam vorbei ihr Wasser zusammen in die Nordsee ergießen.
Das Lob des Rheins ist schon in alten Zeiten verkündet wor¬
den, und auch heut noch reden Lieder davon. An seinen Ufern
hat sich 'viel Großes und Herrliches ereignet. Da stehen noch die
Burgen und Dome als Zeugen alten Heldenthums, hoher Kunst
und inniger Frömmigkeit. Da bietet die Natur Erzeugnisse aller
Art dar in der Erde und auf ihrer Oberfläche. Hier findet man
Ruinen der Römer und der alten Deutschen; hier erbauten die
Ritter ihre Burgen, die Geistlichen ihre Klöster, da sie den Strom
und seine Nebenflüsse als bequeme Straßen zum friedlichen und
feindlichen Verkehr benutzen konnten. Vom Rheine aus ward das
Christenthum über Deutschland verbreitet; am Rheine bildete sich
im Mittelalter ein Bund der Städte, durch welchen Kunst, Wis¬
senschaft und Gewerbe gefördert wurden; vom Rheine ging die
Erfindung der Buchdruckerkunst aus. (Lies: S. 402.)
89. vsr ffiänsetlmna bei Bingen.
Hatto, Abt zu Fulda und später Erzbischof von Mainz, lebte
im zehnten Jahrhundert. Er war ein harter, geiziger Mann, der