Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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er für einen Franzosen sehr bedächtig nnd langsam. Die Nase war lang, 
die Angen schwarz nnd senrig. Die Nase stopfte er beständig mit spani¬ 
schem Tabak voll — wie Friedrich der Große — daher er den Mund 
beständig offen hielt. Sein schwarzes Haar ergraute früh und machte 
daraus einer gewaltigen Wollenperrücke, nach damaliger Mode, Platz. 
Bei aller Größe war Eugen die Bescheidenheit und Leutseligkeit sel¬ 
ber, sedes fremde Verdienst willig anerkennend. Seine Aufmerksamkeit 
erstreckte sich aus die kleinsten Dinge, und seine Offiziere fürchteten eben 
so sehr seinen Falkenblick als sein ungeheures Gedächtniß. Mitten in der 
Verwirrung der Schlacht blieb er besonnen und ruhig; Furcht war ihm 
ganz fremd. Thärigkeit war sein Element; in den Jahren der Kraft 
brauchte er nur drei Stunden zum Schlaf. Seine Erholung fand er in 
dem Studium der Mathematik und der Geschichte, auch wohl der Philosophie. 
Noch in seinem Alter wußte er aus den alten Geschichtsschreibern ganze 
Seiten auswendig. Alle Dispositionen zu Angriffen und Belagerungen 
entwarf er mit eigener Hand; er sann sogar zum Vergnügen aus mögliche 
Fälle und überlegte, was in jedem derselben zu thun sein würde. Die Sol¬ 
daten liebten und bewunderten ihn. Er war aber auch so behutsam in der 
Schonung seiner Leute, daß er ohne Noth nicht Einen opferte. Die Ver¬ 
pflegung des Heeres, besonders in den Winterquartieren, lag ihm über 
Alles am Herzen, und wenn Mangel eintrat, schoß er lieber von seinem 
Gelde vor, ehe er es am Zahlungstage fehlen ließ. Dafür verlangte er 
aber auch Pünktlichkeit im Dienst und strengen Gehorsam. Ausreißer schoß 
er oft mit eigener Hand im Fliehen nieder. 
Der Hoskriegsrath in Wien, welcher jeden Schritt der Feldherren nach 
langweiligen Beobachtungen vorschrieb, lähmte oft die besten Kriegsopera¬ 
tionen. So wollte er auch den Prinzen Engen nichts unternehmen lassen, 
als sich die Türken über die Theiß nach Zent ha zurückzogen. Aber Eugen 
paßte seine Gelegenheit ab, und unbekümmert um den Wiener Hoskriegsrath 
drang er aus die türkische Armee ein, als diese eben über den Fluß ging 
(1697, 11. Sept.), und erfocht einen so herrlichen Sieg, daß die Türken 
30,000 Mann an Todten und 6000 Mann Gefangene verloren. Die 
Schlacht endete mit dem Tage, „als ob — wie Eugen in seinem Berichte 
nach Wien sagte — die Sonne gezögert hätte, um mit ihren letzten Strahlen 
den herrlichsten Sieg kaiserlicher Waffen zu beleuchten." Als die Schlacht 
schon begonnen hatte, kam ein Bote vom Hoskriegsrathe mit dem Befehl, 
keine Schlacht zu liefern. Eugen aber ließ den Boten warten, ohne die 
Depeschen zu lesen, und schlug wacker los, bis der Sieg errungen war. 
In Wien wollte man ihm dafür an's Leben, aber der Kaiser Leopold sprach: 
„Dafür bewahre mich Gott, den Mann zu strafen, durch den mir Gott so 
viel Gutes erwiesen hat." 
8. Der spanische Erbsolgekrieg. 
Am 1. November des Jahres 1700 war König Karl II. von Spanien 
gestorben, der letzte vom Mannesstamm der Habsburger in spanischer Linie,
	        
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