Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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müthig. Dafür klagte man ihn nun des Hochverrathes an. Karl, anstatt 
seinen unfähigen Minister zu entlassen, nahm zwei Mitglieder des Unter¬ 
hauses*), welche die Auklageakte unterzeichnet hatten, gefangen, aber als 
nun sämmtliche Abgeordnete sich gegen solche Gewaltthätigkeit erhoben, 
ließ er die Gefangenen wieder frei. 
Dennoch hörte der König nicht auf, Buckingham's schlechten Rath¬ 
schlägen zu folgen, und um das Parlament zu strafen, ließ er es aus¬ 
einandergehen, bewilligte, allen seinen protestantischen Unterthanen zum 
Trotz, den Katholiken volle Religionsfreiheit, und schrieb Steuern aus, 
ohne das Parlament zu fragen. Mit dem erhaltenen Gelde rüstete der 
ehrgeizige Buckingham abermals eine Flotte und segelte diesmal nach 
Frankreich, um den in la Rochelle belagerten Protestanten gegen Richelieu 
beizustehen. Aber unverrichteter Sache kam er wieder nach London zurück 
und der Schatz war leer. 
Um wieder Steuern erheben zu können, mußte der König das Par¬ 
lament abermals zusammenberufen (1628). Es kam mit dem Entschluß, 
die Rechte der Nation gegen alle Uebergriffe der Krone zu vertheidigen. 
Mit großer Freimüthigkeit sprachen jetzt die beherzten Männer über die 
Verletzung der bürgerlichen Freiheit und über die frevelhaften Anmaßun¬ 
gen des Ministers. Der König, um nur seinen nächsten Zweck zu erreichen, 
gab ihnen Recht und erhielt nun wirklich die Bewilligung einer ansehn¬ 
lichen Steuer. Er war schwach genug, über diese Bereitwilligkeit Thränen 
zu vergießen, und versprach nun feierlich, nichts Unbilliges mehr zu forderu. 
Aber die Abgeordneten traueteu dem veränderlichen Könige nicht und legten 
ihre Forderungen schriftlich vor, in einer Petition of right (Rechtsgesuch), 
in der sie das Steuerbewilligungsrecht, Befreiung von willkürlichen Ein¬ 
quartierungen re. sich wahrten. Der König fand sich durch diese Petition 
sehr beleidigt und ertheilte eine unbestimmte Antwort. Zugleich erschien 
um eben diese Zeit (auf des Königs Befehl, wie man nachher erfuhr) 
eine Predigt von einem angesehenen Londoner Geistlichen im Druck, worin 
gelehrt ward, alles Eigenthum der Unterthanen gehöre im Nothfall dem 
Könige, und dieser habe das Recht von Gott selbst, ohne Zuziehung des 
Parlaments dem Volke beliebige Steuern aufzulegen. Für diese „ver¬ 
fassungswidrigen" Grundsätze zog das Parlament den erkauften Redner 
zur Rechenschaft, entsetzte ihn seines Amtes, warf ihn in's Gefängniß und 
verdammte ihn zu einer Geldstrafe von 1000 Pfund. Dagegen schenkte 
ihm der König aus kindischem Trotz gegen das Parlament eine weit höhere 
Pfründe. Das Parlament, immer mehr erhitzt, wiederholt sein Verlangen 
nach der Anerkennung der Petition of right und macht Anstalten, den 
Minister noch einmal zu belangen. Karl, um ihn nicht aufzuopfern, ent¬ 
schließt sich mit schwerem Herzen zur Nachgiebigkeit, begiebt sich in's 
Oberhaus und erkennt die Petition 'für ein Reichsgesetz, mit den 
üblichen Worten: „Laßt es Gesetz sein, wie gebeten wird!" 
*) Die Vertreter des hohen Adels und der Geistlichkeit bilden das Oberhaus, 
diejenigen des niederen Adels, des Bürger- und Bauernstandes das Unterhaus.
	        
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