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Mangel zu leiden. Hätte man durch mühselige Arbeit reich werden wollen,
so hätte man das in Europa auch gekonnt.
Kolumbus war wirklich in einer liblen Lage. Auch sein König er¬
wartete nun schon, das erste Goldschiff nächstens ankommen zu sehen.
Nun wurde zwar auf Hispaniola häufig Goldsand gefunden, aber wie
mühsam mußte dieser gesucht werden und wie wenig ergiebig war dieses
Geschäft! Um nur seine Leute und den König befriedigen zu können, ward
der edle Kolumbus zu der Grausamkeit gezwungen, die armen Wilden zu
unterjochen und sie zu einem Tribut an Gold und Baumwolle zu zwingen-
Als die unglücklichsten Sklaven mußten nun die Indianer nach Goldstaub
suchen, und wenn ihre angeborene Freiheitsliebe sich widersetzen wollte, feuerte
mau ein paar Kanonen ab oder hetzte die großem Hunde auf die nackten
Geschöpfe; dann wurden sie ihrem Zwingherrn wieder gehorsam.
Kolumbus wollte aber doch auch den Winken der Indianer folgen, die
immer nach Süden wiesen: er segelte um Kuba herum und entdeckte Ja¬
maika. Aber nun wurde er krank, die Lebensmittel gingen der Mann¬
schaft aus, und als er nach unsäglichen Drangsalen Hispaniola wieder
erreicht hatte, fand er Alles in Aufruhr. Die Spanier hatten abermals
die Indianer mit unmenschlicher Härte behandelt, diese hatten die Mais¬
und Maniokpflanzungen vernichtet, und viele Unzufriedene waren nach
Spanien zurückgekehrt. In Kurzem erschien ein spanischer Kammerjunker
mit großen Vollmachten und nahm Protokolle auf über Alles, was man
dem Kolumbus vorwerfen wollte. Dieser, eben so entrüstet über die Frech¬
heit des Abgesandten, als begierig, ihren Wirkungen zuvorzukommen, über¬
gab seinem Bruder Bartholomäus das Kommando und machte sich schleu¬
nig auf den Weg nach Spanien (1494). Hier fand er, daß böse Men¬
schen ihn angeschwärzt hatten, und wiewohl seine Gegenwart diesmal noch
alle Verläumdungcn niederschlug, verzögerte sich doch die Ausrüstung einer
neuen Flotte zwei Jahre, und da gab man ihm nichts weiter mit, als eine
Anzahl grober Verbrecher, die er aus Noth, um nur abschiffcn zu können,
sich erbeten hatte.
7. Kolumbus' dritte Reise (1494).
Auf der dritten Fahrt richtete Kolumbus seinen Lauf noch weiter nach
Süden, und er würde vielleicht nach Brasilien gekommen sein, wenn nicht
eine ungünstige Windstille und die brennende Hitze unter dem Aequator
ihn gezwungen hätten, nach Westen zu steuern; denn alle Wein- und
Wasserfässer fingen an, ihm zu zerplatzen, und die Lebensrnittel verdarben.
So kam er nach der Insel Trinidad am Ausflusse des Orinokostro-
me s, dessen Heftigkeit seine Schiffe beinahe auf Klippen geworfen hätte.
Er schloß aus der Größe dieses Stromes, daß er aus keiner Insel kom¬
men könnte, und indem er die Küste entlang fuhr, überzeugte er sich völlig,
daß er festes Land erreicht habe. Da er es aber nicht wahrscheinlich fand,
daß dieses Land mit dem eigentlichen (Ost-) Indien zusammenhängen
sollte, so vermuthete er, es müsse irgendwo eine Durchfahrt zu finden