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sein; diese wurde nachher auch wirklich gefunden, aber nicht da, wo er
sie suchte, sondern tief im Süden, an der Spitze des Erdtheils.
Für jetzt zwangen ihn Krankheit und die Unzufriedenheit seiner Mann¬
schaft, nach Hispaniola zu steuern. Aber hier fand er wenig Ursache zur
Freude. Sein Bruder war mit einem Theile der Mannschaft ausgezogen,
in einer andern Gegend der Insel eine zweite Niederlassung (St. Do¬
mingo) zu gründen. Indessen hatte ein spanischer Edelmann seine Lands¬
leute gegen die beiden Statthalter empört und namentlich den Kolumbus
beschuldigt, er wolle die Indianer nur darum schonen, um die Spanier
zu unterjochen. Man solle dem Genueser nicht trauen! Drei Schiffsla¬
dungen mit Lebensmitteln hatten die Aufrührer für sich behalten und Bar¬
tholomäus mit seinen Leuten mußte am andern Ende der Insel fast vor
Hunger verschmachten. So fand Kolumbus die Lage der Dinge; mit
Mühe bekämpfte er den Aufruhr, nur durch seine Klugheit entging er dem
Meuchelmorde, und wiewohl er seinem Könige die treuesten Berichte ab¬
stattete, sandten doch auch seine Feinde ganze Aktenstöße von Anklagen, und
bei dem mißtrauischen Könige fanden diese Lügen leicht Eingang. Ein vor¬
nehmer herrischer Spanier, Franz von Bo v ad illa, ward abgesandt, die
Klagen zu untersuchen, und wenn er die gehässigen Anklagen erwiesen fände,
sollte er den Kolumbus absetzen und dessen Stelle einnehmen.
Sobald Bovadilla in Hispaniola ankam, nahm er ohne Untersuchung
Haus und Güter des Kolumbus in Beschlag, gebot Jedermann, ihn, den
Bovadilla, als den neuen Herrn anzuerkennen, und schickte dem Kolumbus
das königliche Absetzungsdekret zu, das man schon im Voraus angefertigt
hatte. Nun erst eröffnete er seinen Gerichtshof, forderte Jedermann auf,
seine Beschwerden gegen Kolumbus vorzubringen und munterte die Ankläger
noch auf. Doch Kolumbus bewies auch hier jene Ruhe und Mäßigung, wo¬
durch er schon oft in Todesgefahr der Seinigen Retter geworden war; er
ließ Alles über sich.ergehen, und forderte nur bescheiden Gehör. Aber ohne
ihn nur vor sich zu lassen, befahl Bovadilla, man sollte die beiden Brü¬
der in Ketten legen und jeden auf einem besonderen Schiffe nach Europa
führen. Den Anblick dieser Ketten konnten indeß alle redlichen Spanier
nicht ertragen. Als die Schiffe in einiger Entfernung vom Lande waren,
nahete sich der Kapitän des Schiffes ehrerbietig dem Kolumbus und wollte
ihm die Ketten abnehmen. Kolumbus aber gab es nicht zu; ganz Spa¬
nien sollte es sehen, wie sein König den Entdecker einer neuen Welt be¬
lohne. Der Anblick des Gefesselten erregte in Spanien allgemeine Unzu¬
friedenheit. Ferdinand und Jsabella schämten sich und ließen ihm sogleich
die Ketten abnehmen; die Königin schickte ihm Geld, damit er anständig
bei Hofe erscheinen könnte. Er kam und warf sich schweigend, aber mit
dem Blicke des gekränkten Verdienstes, an den Stufen des Thrones
nieder. Es fehlte auch diesmal nicht an Versicherungen von Gnade, man
gestand den begangenen Irrthum, Bovadilla wurde abgesetzt; aber des
Kontraktes mit Kolumbus schien man sich nicht mehr zu erinnern, sandte
vielmehr einen gewissen Ovando als Statthalter in die Kolonie (1500).