Full text: Die neue Zeit (Theil 3)

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Poit Muth und Tapferkeit, daß alle seine Kameraden ihn einstimmig an 
die Stelle des Schifssherrn, der ein unbehülflicher Mensch war, zu ihrem 
Anführer erwählten. Er machte ihrem Vertrauen Ehre und stiftete die 
erste Kolonie auf dem festen Lande, Santa Maria. 
Sein nächster Wunsch war nun, sich zu seiner neuen Würde königliche 
Autorisation aus Spanien zu verschaffen. Diese konnte er nicht sicherer 
hoffen, als wenn er sich mit reicher Beute vor dem Throne cinfand. Er 
trieb daher auf seinen Streifereien von den Wilden so viel Goldblech ein, 
als er bekommen konnte, und wußte sich die Indianer durch sein freund¬ 
liches Betragen so geneigt zu machen, daß sie ihm Alles willig übergaben. 
Einst, als er wie gewöhnlich begierig nach Gold forschte, sagte ein junger 
Kazike zu ihm: ,,Was wollt ihr doch mit dem unnützen Tand! Wenn euch 
so sehr darnach verlangt, so dürft ihr nur nach jenem Lande gehen, das 
drüben über dem Ozean liegt, sechs Sonnen von hier. Doch dazu müssen 
Eurer Viele sein." 
Welche Nachricht! Er meinte Peru, und der andere Ozean, sechs 
Tagereisen jenseits, war die Südsee, die Kolumbus immer geahnt hatte. 
Balboa eilte, einen neuen Botschafter mit dieser Entdeckung nach Hispa- 
niola zu schicken und sich den Statthalter durch ein ansehnliches Geschenk 
geneigt zu machen. Zugleich verstärkte er sich von dort aus mit frischen 
Kriegern, die von der Aussicht auf große Reichthümer gelockt wurden, an 
allen Mühseligkeiten und Drangsalen Theil zu nehmen, die mit einer ersten 
Wanderung durch diese ungebahnte Wildniß, durch Wälder, Sümpfe und 
über Gebirge verbunden sein mußten. 
Hundert und neunzig kühne Abenteurer setzten sich nun in Marsch, 
um dem König von Spanien ein Land zu erobern, das von wilden Völker¬ 
schaften zahlreich bedeckt war. Balboa's großes Talent, die Gemüther zu 
beherrschen, zeigte sich auch in seinem Verkehr mit den Kaziken, die er 
unterwegs antraf. Er machte sie sich alle zu Freunden und mehr als 
tausend Indianer folgten ihm freiwillig, um den Spaniern ihr Gepäck 
nachzutragen. Die heißfeuchten Niederungen in dieser höchst ungesunden 
Gegend Amerika's, die breiten Ströme, die dichtverwachsenen Wälder, 
dazu Schlangen und Muskito's, Mangel an frischem Wasser und an ge¬ 
sunder Nahrung — dies Alles machte die Reise zu einer der beschwer¬ 
lichsten, die je unternommen worden sind. Balboa schlug aber alle Klagen 
seiner murrenden Gefährten durch seine Theilnahme au ihren Drangsalen 
nieder. Immer war er der Erste, wenn ein Morast zu durchwaten oder 
ein Weg durch wildes Gestrüpp zu hauen war; kein Zug von Verdrossen¬ 
heit trübte seine immer heitere Miene. 
Indessen waren aus den sechs Sonnen schon 25 geworden und noch 
zeigte sich kein Ozean. Natürlich! Man hatte bei aller Anstrengung 
manchen Tag nur eine Meile weit vordringen können. Endlich kamen sie 
an einen großen Berg. Da sagten die Indianer, wenn sie den erstiegen 
hätten, würden sie den Ozean vor sich liegen sehen. Diesen Anblick mußte 
sich der begeisterte Balboa zuerst verschaffen; er ließ seine Leute unten und
	        
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