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stieg allein hinauf. Und siehe! da lag das weite Weltmeer vor seinen
trunkenen Augen lind wälzte seine dunklen Wogen ans unabsehbarer Ferne
vom äußersten Horizont herauf. Er breitete die Arme aus, fiel auf seine
Kniee und dankte Gott mit heißen Frcudenthränen, daß er ihn bis hicher
geführt hatte. Seine Gefährten hielten sich nun auch nicht länger, sondern
stürzten.hinauf und theilten auf dem Gipfel des Berges ihres Führers
Empfindungen und Gebete. Dann stieg Balboa hinab an den Strand,
ging mit Schwert und Schild bis an die Brust in'ö Meer und nahm mit
dem gewöhnlichen Spruche das Weltmeer im Namen des Königs von
Spanien in Besitz.
ES war dieser Theil der Südsce ein Meerbusen, der ostwärts von
Panama liegt. Balboa gab ihm den Namen Golfb de St. Michael,
den er noch jetzt führt. Auch hier verband er sich die Indianer durch
sein biederes Betragen; sie brachten ihm Lebensmittel in Menge und die
Kazikcn schenkten ihm Perlen und Gold. Uebcrall bestätigte sich die Sage
von dem reichen Goldlande, das südwärts liegen, aber auch von einem
mächtigen Könige beherrscht werden sollte. Dieser Umstand bewog den
Balboa, umzukehren und zuvor Verstärkung zu holen, und so kam er denn
im Anfange des Jahres 1514 in seiner Kolonie Santa Maria wieder au,
mit großem Ruhme und noch größeren Reichthümern überhäuft.
Er sandte nun dem Könige Ferdinand ein Geschenk an Golde, wie
dieser noch kcins auS seinem neuen Laude erhalten hatte, und bat um die
Statthalterschaft von Darien und um Verstärkung seiner kleinen Mann¬
schaft. Man kann sich das Entzücken des Königs denken! Aber immer
ist cS die Politik mißtrauischer Regenten gewesen, die auch Kolumbus
erfahren hatte, nie einen sehr thätigen und einen sehr glücklichen Mann zu
hoch steigen zu lassen; und so wurde denn die erbetene Statthalterschaft
nicht dem braven Balboa, sondern einem unendlich schlechteren Menschen,
Namens Davila, ertheilt. Dieser ging mit fünfzehn tüchtigen Schiffen
und 1200 Soldaten nach Mittelamerika ab; zu jener Mannschaft gesellten
sich noch 1500 Edelleute freiwillig. Denn das Gerücht hatte die Reich¬
thümer jener Länder so vergrößert, daß in Spanien eine Sage ging, man
dürfe dort nur ein Netz in's Meer senken, um Gold zu fischen.
Der ehrliche Balboa, in ein grobes leinenes Wammö und in Schuhe
von geflochtenen Hanfstricken gekleidet, war eben mit einigen Indianern
beschäftigt, seine Hütte mit Rohr zu decken, als eine große Gesellschaft
vornehmer spanischer Herren auf ihn zukam und unter ihnen Don Pedrarias
Davila, der sich sogleich mit stolzen Worten als den neuen Statthalter
ankündigte. Balboa, so tief er auch den Undank des Königs empfand und
so laut seine treuen Soldaten murrten, unterwarf sich doch gehorsam den
Befehlen seines neuen Gebieters, der es sogar für gut fand, ihn für die
Anmaßung des seitherigen Kommando's zur Rechenschaft zu ziehen und ihm
dafür eine ansehnliche Geldstrafe abzufordern.
Pedrarias konnte übrigens die ungeheuren Reichthümer des Landes
gar nicht finden; dagegen litt er Mangel an allen gewohnten Bequemlich-
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