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feiten und das ungesunde Klima raffte ihm in Kurzem gegen 600 Menschen
weg. Die übrigen, die er nicht zu beherrschen verstand, durchstreiften wie
Räuber das Land, plünderten die Wilden und betrugen sich so gewaltthätig,
daß alle die schönen Freundschaftsverhältnisse, die Balboa mit den Kaziken
gestiftet hatte, augenblicklich gestört wurden.
Ganz gleichgültig konnte indessen Balboa (gleich dem Kolumbus) sein
so glücklich begonnenes Werk nicht aufgeben. Er machte durch seine Freunde
in Spanien noch einen Versuch auf die Gerechtigkeit des Königs und
erhielt wirklich den Adelantado- oder „Unterstatthalterposten" über die
Länder an der Südsee. P. Davila mußte ihm vier Brigantinen bewilligen,
mit denen er sein Lieblingsprojekt, die Entdeckung von Peru, auszuführen
sich beeilte. Aber doch war er illcht schnell genug, der Gewalt seines eifer¬
süchtigen Oberen zu entfliehen. Denn ehe er sich dessen versah, ward er
vor den Statthalter gerufen, eines erdichteten Verbrechens beschuldigt und
zum Tode verurtheilt. Die ganze Kolonie bat mit einem Munde für ihn;
aber um des Begnadigens willen hatte man ihn nicht fest genommen. Die
Spanier sahen mit Erstaunen und Schmerz einen Mann öffentlich hin¬
richten, den sie für den fähigsten aller Befehlshaber halten mußten und
der so geeignet war, große Plane nicht blos zu fassen, sondern auch aus¬
zuführen.
4. Ferdinand Kortez (1485 — 1547).
Die Entdeckungsreisen währten unterdessen immer fort. Am weitesten
nach Süden kam Juan Diaz de Solls, der 1515 ausgesandt wurde, die
vermuthete Durchfahrt in die Südsee zu entdecken. Schon glaubte er sie
gefunden zu haben, als er bei näherer Untersuchung merkte, daß es unr¬
ein Strom, der La Plata, war, dessen riesenmäßige Breite von mehr als
30 Meilen freilich seinen Irrthum sehr verzeihlich machte. Bei einem
Versuche, in dieser Gegend zu landen, wurde der unvorsichtige Anführer
mit mehreren seiner Leute von den feindseligen Wilden erschlagen, gebraten
und verzehrt, worauf die übrigen schnell nach Hause zurückeilten.
Andere Spanier hatten von Kuba aus die Küste des großen mexi¬
kanischen Reiches besucht und sehr günstige Nachrichten von dem Anbau
und den Schätzen dieses Landes mitgebracht. Dies bewog den Statthalter
von Kuba, Don Velasquez, einen zuverlässigen Alaun dorthin zu
senden, der nicht nur so viel Gold als möglich von dorther zurückbrächte,
sondern auch ihm, dem Statthalter, die Ehre erwürbe, die Besitzungen des
Königs von Spanien beträchtlich vermehrt zu haben, Nach seinem feigen
Charakter wünschte er sich zwar einen thätigen, aber nicht allzuklugen und
selbstständigen Alaun, der nur die Arbeit übernehmen, ihm aber Gewinn
und Ehre überlassen sollte. Man schlug ihm dazu einen armen, aber
tapfern Offizier Namens Kortez vor. Dieser war ein Feuerkopf, der
auf der Universität Salamanka die Rechte studirt, aber nicht Stand ge¬
halten, das Kriegshandwerk ergriffen und dann in Amerika sein Glück
gesucht hatte. Obwohl Kortez noch nie ein Kommando besessen, benahm