277
151. pie JorLschriLte des Werkehrswesens zu Lande.
Zn den ältesten Zeiten konnte sich deshalb kein so umfangreicher
Verkehr wie jetzt entwickeln, weil die Verkehrswege und Verkehrsmittel
noch unvollkommen waren. Der Landverkehr bedarf vor allen Dingen
guter Wege und Sicherheit vor Raub und Überfall. Beides hat bis in
die jüngste Zeit in vielen Ländern gefehlt. Erst im Laufe des 19- Jahr¬
hunderts hat Deutschland sein Runststraßennetz ausgebaut. Mit dessen
Erweiterung und Verbesserung sachgemäßer Beschotterung wuchs der
Verkehr; denn man konnte nun nicht allein größere Lasten fortbewegen
sondern auch entferntere Märkte beziehen.
Linen ungeahnten Aufschwung aber nahm der Landverkehr mit
der Einführung d er Eisen b ahnen und zwar sowohl nach Ausdehnung
und Umfang als auch nach Schnelligkeit, Billigkeit und Sicherheit. Lin
Pferd kann auf einer guten Straße (Lhauffee) bei 3V2' Geschwindig¬
keit in der Sekunde 2\ Zentner — 1200 kg, auf der Schienenbahn aber
2H0 Zentner — 12000 kg fortbewegen. So wird allein durch die Spur¬
bahn bedeutend an Rraft gespart, hierzu kam noch die Verwendung
von Dampf- und Stromkraft, wodurch vor allem die Geschwindigkeit
ungemein gesteigert werden konnte, während vor ¿100 Zähren die
Rutschen von Mülhausen bis Basel (— HO km) 8 Tage, die Eilkutschen
vor 100 Zähren noch etwa 2 Tage brauchten, durchfährt jetzt die Eisen¬
bahn diese Strecke in knapp zwei Stunden. Zu einer Reise von Leipzig
nach Dresden brauchte man selbst bei den Eilpostkutschen mindestens
30 Stunden, wenn man ohne Aufenthalt reiste, während man gegen¬
wärtig schon in 3 Stunden diese Entfernung zurücklegt. So spart man
jetzt durchschnittlich etwa Vs an Zeit gegen früher, von Zahrzehnt zu
Zahrzehnt haben noch dazu die Eisenbahnen ihre Schnelligkeit gesteigert.
18H0 staunte man über eine Geschwindigkeit von 30 km in der Stunde;
aber heutzutage legen in Deutschland die schnellsten Züge 70 bis 80 km,
auf geraden Strecken oft sogar 90 km' stündlich zurück. Dennoch sucht
man diese Zahlen noch mehr zu steigern und in Nordamerika fahren
bereits Blitzzüge streckenweise bis 130 km, probeweise sogar bis 160 km
stündlich. Noch mehr (bis 200 km) hofft man die Schnelligkeit mit
Hilfe der Elektrizität steigern zu können. So vermindert der Mensch
mehr und mehr die Entfernung und rückt die Völker und Länder einan¬
der näher.
Hand in Hand mit dieser Steigerung der Schnelligkeit ist das wachs
tum des Umfangs des Verkehrs gegangen. 18H0 besaß Deutschland
erst H70 km Bahnen, 1860 schon 11 MO und 1906 über 560M km, während
das Schienennetz Europas jetzt 3M000 und das der ganzen Erde über
9M0M km umfaßt. Das in den Eisenbahnen angelegte, ungeheure
Rapital beträgt für Deutschland rund 15 Milliarden, für die ganze Erde
etwa 170 Milliarden Mark.
Lesebuch für untersränkische Fortbildungsschulen.
19